Koedukation - Merkmale sowie Vor- und Nachteile
Unter Koedukation versteht man den gemeinsamen Unterricht von Mädchen und Jungen. Einige Eltern fragen sich, ob eine Koedukation auch wirklich sinnvoll ist; so gibt es positive wie negative Stimmen. Auch wenn es im Lernverhalten zwischen Mädchen und Jungen Unterschiede geben mag, ist das gemeinsame Lernen hierzulande die Regel. Informieren Sie sich über die Merkmale sowie die Vor- und Nachteile der Koedukation als Entscheidungshilfe bei der Frage nach der Schulwahl.
Koedukation - Definition und Entwicklung
Der Begriff "Koedukation" setzt sich aus den beiden lateinischen Begriffen "con" (gemeinsam) und "educare" (erziehen) zusammen. In Deutschland wurde die Koedukation nach dem 2. Weltkrieg schrittweise eingeführt. Als Grund dafür gaben die verantwortlichen Bildungspolitiker die erheblichen gesellschaftlichen Veränderungen an.
Gemeinsamen Unterricht von Jungen und Mädchen gab es jedoch schon deutlich früher. So war vor allem in Grundschulen von sehr kleinen Gemeinden aus praktischen Gründen eine Koedukation erforderlich, da dort oftmals nur eine Lehrkraft zur Verfügung stand.
Die höhere Schulbildung wurde dann jedoch unterteilt. Während Jungen entweder auf ein Gymnasium, ein Realgymnasium oder eine Oberrealschule gingen, besuchten Mädchen das Lyzeum, wo sie vor allem in Hauswirtschaft, Handarbeit und Religion unterrichtet wurden. Ab dem frühen 20. Jahrhundert begann sich dies unter dem Eindruck der Frauenbewegung jedoch zu ändern, was schließlich zum gemeinsamen Schulunterricht von Mädchen und Jungen führte.
Koedukation als Schritt zur Gleichberechtigung
Der gemeinsame Unterricht von Jungen und Mädchen gilt als wichtiger Schritt zur Gleichberechtigung der Geschlechter. So sollen durch die Koedukation die Nachteile für die Frauen aufgehoben und ihnen auf diese Weise der Zugang zu sämtlichen Berufs- und Bildungsfeldern ermöglicht werden. Gleichzeitig ist es das Ziel, die Geschlechtertrennung durch eine gemeinsame Erziehung abzubauen.
Vor- und Nachteile der Koedukation
Der Sinn der Koedukation ist unter Experten mittlerweile wieder umstritten. Zwar erreichen Mädchen durch den gemeinsamen Unterricht tatsächlich häufig bessere Abschlüsse, dennoch ließen sich nicht alle Erwartungen an diese Lehrform erfüllen. So sind sowohl Berufswünsche als auch Karriereverläufe von Jungen und Mädchen immer noch sehr verschieden.
Auch das eigentliche Ziel der Koedukation, die Chancengleichheit, lässt sich oft nicht verwirklichen. Die Befürworter des Gemeinschaftsunterrichts sehen die Vorteile der Koedukation in
- dem besseren Klassenklima
- der Disziplin und
- den organisatorischen Vorteilen für den Familienalltag.
Außerdem wird der Schulalltag durch die Begegnung und den Austausch der beiden Geschlechter bereichert.
- Kritiker des gemeinschaftlichen Unterrichts geben jedoch zu bedenken, dass das Lernverhalten von Jungen und Mädchen verschieden ist. So sind zum Beispiel Mädchen im Unterschied zu Jungen distanzierter gegenüber den naturwissenschaftlichen Fächern.
- Außerdem kommt es im Unterricht häufig zu Konflikten zwischen Mädchen und Jungen.
- Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass sich auch Lehrer und Lehrerinnen unterschiedlich und geschlechtsspezifisch gegenüber Schülern und Schülerinnen verhalten.
Aus diesen Gründen plädieren einige Bildungsexperten für eine Monoedukation, also getrennten Unterricht, zumindest in bestimmten Fächern, um den spezifischen Bedürfnissen beider Geschlechter besser entsprechen zu können. In der Tat gibt es bereits Schulen, die Jungen und Mädchen zeitweise getrennt unterrichten. Dies gilt vor allem für Schulfächer, in denen geschlechtsspezifische Interessen- und Leistungsunterschiede bestehen - beispielsweise im Sportunterricht.
Letztlich lässt sich die Frage, ob eine Koedukation oder eine Monoedukation besser als Lernform geeignet ist, nicht leicht beantworten, da beide Formen Vor- und Nachteile aufweisen. Aus diesem Grund wird über diese Frage auch in Zukunft noch heftig diskutiert werden. Am sinnvollsten erscheint wohl eine Kombination aus beiden Unterrichtsformen.
Modell der reflexiven Koedukation
Im Laufe der Zeit konnte durch die zahlreichen Diskussionen über das Thema das Modell der refexliven Koedukation mehr und mehr in den Vordergrund rücken. Dieses beschäftigt sich mit der Geschlechterperspektive und berücksichtigt die unterschiedlichen Lernweisen von Mädchen und Jungen; auch bringen sie andere Voraussetzungen und Interessen mit.
Zu den Zielen dieses Modells gehört
- der Abbau der Geschlechterhierarchien für ein gleichberechtigtes, gemeinschaftliches Lernen
- die Auflösung geschlechtsstereotyper Zuweisungen für eine Ausbildung sämtlicher wichtigen Kenntnisse und Fähgikeiten bei beiden Geschlechtern
- die Einräumung eines gleichen Stellenwerts von den kulturellen Leistungen der Frauen und Männer
- das Leben individueller Unterschiede ohne eine Benachteiligung
- die Förderung beider Geschlechter, damit diese Beruf und Familie unter einen Hut bekommen können
Diese Ziele können auf unterschiedliche Art und Weise erreicht werden. Wichtig ist zum Beispiel, Schülerinnen in ihrem Selbstwertgefühl und Erkennen der eigenen Fähigkeiten zu stärken.
Schüler wiederum benötigen oftmals eine helfende Hand in Sachen männliche Überlegenheit. Sie müssen lernen, bestimmte Männlichkeitsvorstellungen abzulegen; hierzu zählt vor allen Dingen auch die traditionelle Ansicht im Bereich der Beziehung und Arbeitsteilung.