Offener Rücken (Spina bifida) - Ausprägungen, Auswirkungen und Therapie

"spina" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Stachel bzw. Dorn, was sich auf den Dornfortsatz des Wirbelkörpers bezieht. Bifida leitet sich von dem Lateinischen Wort "bifidus" ab, was "in zwei Teile gespalten" bedeutet. Wörtlich bedeutet Spina Bifida also "Spaltwirbel" oder auch "Offener Rücken". Diese angeborene Fehlbildung der Wirbelsäule, die auch das Rückenmark betrifft, kann in verschiedenen Schweregraden auftreten.

Britta Josten
Von Britta Josten
Klassifikation nach ICD-10: O35.0 Q76.0
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Entstehung

Eine Spina Bifida entsteht während dem 22. bis 28. Tag der Embryonalentwicklung, also in der Zeit, in der sich die Wirbelsäule und das Rückenmark aus dem Neuralrohr entwickeln. Bei dieser Fehlbildung verschließt sich das Neuralrohr nicht vollständig.

Ursachen

Sowohl erbliche, als auch Umweltfaktoren sind mögliche Auslöser für die Fehlbildung, wobei eine genaue Ursache nicht eindeutig festgelegt ist. Allerdings ist ein erhöhter Bedarf an Folsäure (ein B-Vitamin) ein weiterer wichtiger Faktor, dem entgegengewirkt werden sollte.

Ausprägungen

Spina bifida occulta

Bei dieser Form findet sich nur ein einziger gespaltener Wirbelbogen, wobei das Rückenmark mit den Rückenmarkshäuten nicht betroffen ist. Diese Form wird meist nur zufällig festgestellt, da sie nicht von außen sichtbar ist.

Eine Behandlung ist nicht notwendig.

Spina bifida aperta

Unterschieden werden drei Formen, welche alle am Rücken sichtbar sind.

  • Meningozele: Die Rückenmarkshäute wölben sich durch einen gespaltenen Wirbelbogen unter der Haut vor. Eine Blase entsteht, welche sichtbar ist und operativ entfernt werden kann. Das Rückenmark wird nicht beschädigt, wodurch diese Form einfach zu behandeln ist.
  • Meningomyelozele: Sie ist eine schwerere Form, bei der die Spaltbildung in der Wirbelsäule besteht. Die sichtbare Blase, die sich bildet, besteht aus ausgetretenen Teilen des Rückenmarks, der Rückenmarkshäute und Nerven, wodurch die Nervenstränge an den betroffenen Stellen keinen Schutz mehr haben. Es ist möglich, die betroffene Stelle operativ mit Hirnhaut zu überhäuten.
  • Myeloschisis: An der betroffenen Stelle ist das Nervengewebe vollständig und sichtbar freigelegt und nicht mit Gewebe überdeckt, wodurch diese Form ein besonders schwerer Befund ist.

Die Symptome können in verschiedenen Schweregraden auftreten, welche davon abhängig sind, inwieweit eine Schädigung des Rückenmarks durch die Spaltbildung vorliegt.

Auswirkungen

Der Schweregrad der Rückenmarksschädigung ist ausschlaggebend für die Symptome bzw. die Auswirkungen und die körperliche Beeinträchtigung, die mit dieser Fehlbildung einhergeht. Wesentlich ist dabei auch, wie stark die Beeinträchtigung der Nerven ist und in welcher Höhe sich die Fehlbildung der Wirbelsäule befindet.

Möglich sind leichte Beeinträchtigungen der Gehfähigkeit bis hin zu Lähmungen der Beine oder im schlimmen Fall sogar Querschnittslähmungen, die mit gestörter Blasen- und/oder Darmfunktion einhergehen können.

Zusammen mit einer Spina bifida aperta tritt häufig eine Hirnwasseransammlung in den Hirnwasserkammern auf, welche umgangssprachlich auch "Wasserkopf" genannt wird.

Beim alleinigem Vorliegen einer Spina bifida ist die kognitive Entwicklung (z.B. die Aufmerksamkeit, das Lernen, die Erinnerung usw.) normalerweise nicht beeinträchtigt.

Diagnose

Eine Spina bifida occulta wird meist nur zufällig festgestellt, doch die Spina bifida aperta ist in der Regel schon vor der Geburt des Kindes durch einen Feinultraschall feststellbar.

In der sechzehnten Schwangerschaftswoche besteht die Möglichkeit eine Blutuntersuchung (Triple-Test) zur Früherkennung durchzuführen, bei der die Wahrscheinlichkeit einer Neuralrohrfehlbildung abgeschätzt werden kann.

Nach der Geburt kann man die Spina bifida occulta, oft im Bereich des Kreuzbeins und der Lendenwirbelsäule, seltener auch im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule, leicht diagnostizieren, da diese Fehlbildung am Rücken sichtbar ist.

Therapie

Die Betroffenen müssen häufig ein Leben lang medizinisch betreut werden, wobei sich die Therapie nach der Schwere der Fehlbildung richtet. Unterstützung seitens der Umgebung der Betroffenen ist eine wichtige Vorraussetzung für die Behandlung.

Da bei der Spina bifida aperta schnell eine Infektion entstehen kann, sollte sie möglichst kurz nach der Geburt operativ, z.B. durch Überhäuten mit Hirnhaut, behandelt und verschlossen werden.

Mittlerweile ist es möglich, einen Offenen Rücken bereits vor der Geburt zu operieren. Die Vorteile für die Kinder, die vor der Geburt operiert wurden, sind überzeugend, wie zum Beispiel ein besserer Befund in der motorischen und mentalen Entwicklung.

Allerdings kann diese Vorgehensweise auch Nachteile, hauptsächlich für die Mutter, haben. Da bei dem Operationsverfahren der Bauch und die Gebärmutter der Schwangeren geöffnet werden müssen, kann es bei der Mutter zu einem erheblichen Trauma sowie zu Komplikationen kommen.

In Europa wird dieses Operationsverfahren nur in wenigen Kliniken durchgeführt.

Minimal-invasive Operation

Des Weiteren gibt es noch ein minimal-invasives Verfahrens, welches größere Schnitte komplett vermeiden soll, allerdings noch keine wissenschaftlich fundierten Untersuchungen aufweisen kann. Bei diesem Verfahren wird das Ungeborene durch drei kleine, ultraschallgesteuerte Röhrchen erreicht und behandelt.

Komplikationen durch den Eingriff werden kaum noch beobachtet. Nahezu alle Schwangeren können die Klinik schon nach einer Woche wieder verlassen.

Die beiden vorgeburtlichen Operationsverfahren bieten die Chance, die Lebensqualität von betroffenen Kindern zu verbessern.

Bedauerlicherweise liegen bei dem vorgeburtlichen Operationsverfahren bislang wenig Langzeitergebnisse vor. Bei wenigen Kindern, die vor der Geburt operiert wurden, konnte beobachtet werden, dass in den ersten Lebensjahren vorhandene Funktionen wieder verloren gehen können.

Vorsorge

Durch eine ergänzende Einnahme von Folsäure in der frühen Schwangerschaft kann das Risiko für Neuralrohrdefekte stark reduziert und bis zur Hälfte der Fälle in Deutschland verhindert werden.