Unterschiede im Sexualleben von geistig behinderten Jugendlichen und Erwachsenen
Auch Menschen, die unter einer geistigen Behinderung leiden, verspüren sexuelle Bedürfnisse. Doch gibt es Unterschiede zu der Sexualität gesunder Menschen?
Zahlreiche Eltern geistig behinderter Jugendlicher wünschen sich, dass ihr Kind ein so normales und selbstständiges Leben wie möglich führt. Dies betrifft auch die Sexualität.
Doch gerade in diesem sensiblen Bereich gibt es viele Fragen, die verunsichernd sind. So herrscht oft Unklarheit darüber, ob auch geistig behinderte Menschen sexuelle Bedürfnisse haben und ob sie diese befriedigen können.
Sexualität und geistige Behinderung
Grundsätzlich besteht bei Experten Einigkeit darüber, dass es bei geistig behinderten Menschen keine besondere Sexualität und keine großen Unterschiede zu gesunden Menschen gibt - so haben die meisten Behinderten die gleichen Wünsche und Bedürfnisse wie alle anderen Menschen. Dazu gehören vor allem:
- Liebe
- Geborgenheit
- Zärtlichkeit
- Partnerschaft
- Leidenschaft
Darüber hinaus sind die individuellen Unterschiede in der Sexualität zwischen geistig Behinderten ebenso groß wie zwischen geistig gesunden Menschen. Das heißt, dass es keine typischen sexuellen Verhaltensweisen von geistig behinderten Menschen gibt.
Aus diesem Grund lässt sich auch darüber nichts Personenübergreifendes aussagen.
Wissenschaftliche Forschungen, die in den letzten Jahrzehnten durchgeführt wurden, ergaben lediglich, dass für geistig behinderte Menschen die sexuelle Entwicklung ebenso wichtig ist wie für gesunde Menschen.
Recht auf sexuelle Selbstbestimmung
Auch mit einer geistigen Behinderung ist es möglich, ein erfülltes Sexualleben zu führen. Wichtig ist jedoch, dass geistig behinderte Menschen genügend gefördert und unterstützt werden und man ihre sexuellen Bedürfnisse anerkennt. Außerdem gilt für sie das gesetzliche Recht auf sexuelle Selbstbestimmung.
So haben sie zum Beispiel auch ein Anrecht auf eigene Kinder und dürfen heiraten oder gleichgeschlechtliche Beziehungen eingehen. Das gilt selbst dann, wenn Eltern oder Betreuer dagegen Einwände haben.
Diese Rechte in der Praxis umzusetzen fällt allen Beteiligten jedoch oft sehr schwer. Vor allem bei den Eltern besteht die Sorge, dass ihre Kinder enttäuscht werden oder bestimmte Gefahren nicht erkennen können.
Verhütung und Medikamenteneinnahme
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Schwangerschaftsverhütung. Zwar sind die meisten geistig behinderten Mädchen durchaus zuverlässig bei der Anwendung von Verhütungsmitteln, doch müssen sie an die Einnahme der Antibabypille regelmäßig erinnert werden. Daher sollte sich die Verpackung immer an der gleichen Stelle befinden.
Ebenfalls wichtig ist eine Ansprechpartnerin, die ihnen bei Problemen mit Rat und Tat zur Seite steht.
Außerdem empfiehlt es sich, die passende Verhütungsmethode sorgfältig auszuwählen und zu prüfen. Dazu sollte unbedingt ein Facharzt konsultiert werden.
Ebenfalls zu bedenken sind eventuelle Krankheiten oder Medikamente, die regelmäßig eingenommen werden müssen und sich auf die Wirksamkeit der hormonellen Verhütungsmethoden auswirken könnten.
Im Prinzip lassen sich jedoch sämtliche Verhütungsmethoden auch bei geistig behinderten Menschen anwenden.
Sexueller Missbrauch
Ein schwerwiegendes Problem ist der sexuelle Missbrauch von geistig behinderten Mädchen oder Jungen. Um Missbrauch vorzubeugen, raten Experten zu einer offenen und geduldigen Sexualaufklärung sowie zu Kontakten zu Gleichaltrigen, mit denen positive zärtliche Erfahrungen gemacht werden können.
Hilfreich kann auch das Absolvieren von Selbstbestimmungskursen sein. So ist es wichtig, dass das Selbstbewusstsein von geistig behinderten Jugendlichen gestärkt wird, damit sie auch Nein sagen können, wenn sie etwas nicht wünschen.
Beratungsstellen finden
Hilfe in Fragen der Sexualität finden Eltern und Kinder bei verschiedenen Einrichtungen wie zum Beispiel pro familia. Diese verfügen über Beratungsstellen, sexualpädagogische Angebote und medizinische Informationen für geistig behinderte Menschen.
Auch über das Internet gibt es Hilfsangebote.