Hilfe für Missbrauchsopfer und Hinweise zur Erstattung einer Strafanzeige

Kinder, die Opfer von sexuellem Missbrauch werden, brauchen Hilfe von Erwachsenen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die nächsten Angehörigen.

Von Jens Hirseland

Unter sexuellem Missbrauch versteht man sexuelle Handlungen oder Misshandlungen an Kindern, Jugendlichen oder Schutzbefohlenen. Es handelt sich gemäß Paragraph 176 StGB um eine Straftat.

Missbrauchsarten und die Pflicht Erwachsener

Bei sexuellem Missbrauch unterscheidet man zwischen verschiedenen Arten.

Dazu gehört:

  1. Missbrauch mit körperlichem Kontakt, wie gegenseitigen Berührungen oder sogar Penetration
  2. Missbrauch ohne körperlichen Kontakt, wie zum Beispiel das Ansehen von Pornofilmen
  3. Missbrauch mit Paraphilien wie Sadismus
  4. ritualisierter Missbrauch

Erziehungsberechtigte haben die Pflicht, ihr Kind vor solchen sexuellen Übergriffen zu schützen. Prinzipiell ist es aber jedem Menschen möglich, bei den Behörden eine Anzeige wegen sexuellem Missbrauch zu erstatten, wenn er davon erfährt oder einen konkreten Verdacht hegt.

Unterschiedliche Beratungsstellen und Ansprechpartner für Missbrauchsopfer

Es gibt zudem verschiedene Stellen, bei denen die Opfer Hilfe finden.

Vorteile von Beratungsstellen

Sexueller Missbrauch gehört nach wie vor zu den großen Problemen der Gesellschaft. Viele Missbrauchsopfer empfinden Scham und Angst. Andere schweigen über die Tat oder leiden noch Jahre später unter den psychischen Folgen.

So manches Opfer bleibt dabei mit seinen Problemen allein, was jedoch nicht sein muss. So gibt es in Deutschland zahlreiche Beratungsstellen oder Ansprechpartner, die mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Viele Angebote lassen sich auch anonym nutzen. Bei den Beratungsstellen können die Missbrauchsopfer sich zum Beispiel:

  • über ihre rechtlichen Möglichkeiten informieren
  • um Rat fragen, wie sie sich gegenüber Angehörigen, die sie in der Vergangenheit missbraucht haben, verhalten sollen
  • über Partnerschaftsprobleme, Sexualprobleme, Alkoholprobleme oder psychische Probleme sprechen

Die meisten Beratungsstellen helfen auch bei der Suche nach einem Therapeuten sowie bei der Überbrückung der Wartezeit.

Der Verein Wildwasser

Bundesweit tätig ist der Verein Wildwasser, zu dessen Angeboten

  • Hilfestellungen
  • Kontaktadressen und
  • Informationen für Opfer von sexueller Gewalt

gehören. Auf der Internetpräsenz des Vereins lassen sich über die Postleitzahlen-Suche Beratungsstellen in der Nähe des Wohnorts finden. Zudem enthält die Homepage selbst eine umfangreiche Liste mit Beratungsstellen.

Die katholische Hilfe

Eine kostenfreie Service-Hotline bietet die katholische Kirche Opfern von sexuellem Missbrauch unter der Nummer 0800/1201000 an. Darüber hinaus ist auch eine Online-Beratung unter hilfe-missbrauch.de vorhanden.

Terre des Femmes, Dunkelziffer und Innocence in Danger

Manche Beratungsstellen haben sich speziell auf Geschlechter spezialisiert.

  • So kümmert sich die Hilfsorganisation Terre des Femmes um sexuell missbrauchte Frauen,
  • während sich Männer an den Verein Tauwetter wenden können.
  • Spezielle Hilfe für Kinder findet man beim Verein Dunkelziffer.

Dieser bietet zudem eine telefonische Beratung für Kinder und Angehörige an. Wer anonym bleiben möchte, kann die kostenlose Hotline des Kinder- und Jugendtelefons nutzen.

Außerdem ist ein entsprechendes Elterntelefon vorhanden. Aufklärung, Informationen und Prävention für Opfer von sexuellem Missbrauch bietet auch der Verein Innocence in Danger an.

Weitere Anlaufstellen

Weitere Anlauf- und Beratungsstellen für Missbrauchsopfer sind:

  • der Weiße Ring
  • die Telefonseelsorge
  • die Beauftragte der Bundesregierung zur Aufarbeitung von sexuellem Kindesmissbrauch

Besonders wichtig ist die Hilfe von nahestehenden Personen...

Als Angehöriger einem betroffenen Kind helfen

Von sexuellem Missbrauch können sowohl Mädchen als auch Jungen betroffen sein. Diese benötigen Hilfe von erwachsenen Menschen, denen sie vertrauen können. In der Regel sind das die nächsten Angehörigen.

Manchmal kommt es jedoch sogar innerhalb der Familie zu Missbrauchsfällen. Für Angehörige ist die Situation dann besonders schwierig. Wie kann man also als Familienmitglied den Missbrauchsopfern helfen?

Hilflosigkeit auf beiden Seiten

Erfährt man als Angehöriger von einem Kind, dass es sexuell missbraucht wurde, ist dies eine überaus problematische Situation.

  • Oftmals kommt es zu Gefühlen wie Wut und Hass auf den Täter, aber auch zu Ohnmacht und Sorge. Besser ist es jedoch, einen kühlen Kopf zu bewahren und Fingerspitzengefühl zu zeigen. Vor allem, wenn der Missbrauch in der eigenen Familie stattfindet, reagieren viele Angehörige mit Hilflosigkeit.

  • Auch die Missbrauchsopfer selbst empfinden oft widersprüchliche Gefühle für den Täter wie Liebe und Zuneigung auf der einen Seite, aber auch Scham, Ablehnung und Angst auf der anderen Seite.

Durch diese widersprüchlichen Emotionen wird eine rasche Lösung umso schwieriger. Darüber hinaus droht eine Spaltung der Familie.

Ruhe bewahren und Sicherheit vermitteln

Damit man als Angehöriger einem Missbrauchsopfer so gut wie es geht helfen kann, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren, denn mit hektischen Überreaktionen und Panik ist dem Kind nicht geholfen. Nur wenn man selbst Ruhe ausstrahlt, kann man ihm wieder Sicherheit vermitteln.

Zu bedenken ist auch, dass voreilige Reaktionen den Täter warnen könnten. Oft ist es hilfreich, sich Unterstützung bei Menschen zu suchen, denen man vertraut, da man als einzelne Person oft selbst mit der Problematik überfordert ist. Dazu gehören zum Beispiel:

  • der Partner
  • anderen Angehörige
  • Freunde
  • Arbeitskollegen

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, sich Rat bei professionellen Beratungsstellen zu holen, die einem sagen können, wie man am besten vorgeht.

Wie man mit dem Kind sprechen sollte

  • Ein wichtiger Punkt ist auch, einem Kind zu glauben, wenn es sich einem anvertraut. In der Regel lügen Kinder nicht, wenn sie über sexuellen Missbrauch berichten. Für das Kind ist es schon eine große Hilfe, über das Erlebte sprechen zu können.

  • Dabei sollte man dem Kind keine Vorwürfe machen und klarstellen, dass es keinerlei Schuld an dem Geschehen hat.

  • Um dem Kind wieder mehr Sicherheit zu vermitteln, sollte zudem soviel normaler Alltag wie möglich gewahrt werden, denn für Kinder ist Normalität überaus wichtig.

Vor einer Anzeige wird bei vielen Opfern sexuellen Missbrauchs zurückgeschreckt - wir haben alle nützlichen Infos...

Die Erstattung einer Strafanzeige

In Deutschland ist man zur Erstattung einer Anzeige nicht verpflichtet, wenn man davon erfährt oder einen entsprechenden Verdacht hat. Dies gilt jedoch nicht für Behörden wie die Polizei oder die Staatsanwaltschaft. Erhalten diese in irgendeiner Form Informationen über sexuellen Missbrauch, muss ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, familiengerichtliche Verfahren oder Vormundschaftsverfahren in Gang zu bringen, um ein Kind vor Missbrauch zu schützen.

Anzeigeformen und wo man sie stellen kann

An eine bestimmte Form ist die Anzeige nicht gebunden. Sie kann also sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Jede Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft ist dazu verpflichtet, eine solche Anzeige entgegenzunehmen.

Allerdings ist es ratsam, das Erstatten der Anzeige bei der polizeilichen Fachdienststelle für Straftaten gegen sexuelle Mitbestimmung durchzuführen. Sowie die Behörden von dem Verdacht auf sexuellen Missbrauch erfahren haben, müssen sie diesem nachgehen und Ermittlungen anstellen. Das gilt auch für sexuellen Missbrauch von deutschen Staatsbürgern an im Ausland lebenden Kindern.

Das Prüfverfahren

Den Täter auf Dauer einzusperren, ist jedoch unmittelbar nach einer Strafanzeige nicht immer möglich. Von der Staatsanwaltschaft muss erst geprüft werden, ob ausreichend Gründe für eine Untersuchungshaft des Beschuldigten bis zur Gerichtsverhandlung vorliegen.

Grundlage dieser Überprüfung bilden die polizeilichen Ermittlungen sowie die Aussagen von Zeugen. Ob ein Haftbefehl erlassen wird, entscheidet der zuständige Richter.

Zur Einschätzung der Lage wird empfohlen, dass man sich bereits im Vorfeld mit einem Rechtsanwalt berät.

Verjährungsfristen

Größtenteils ist es möglich, sexuellen Missbrauch an Kindern auch noch Jahre später anzuzeigen. So beginnt die Verjährungsfrist bei Missbrauch erst ab dem 18. Lebensjahr des Opfers.