Definition und Entwicklung des Transgender-Begriffs und das Leben als Transgender

Als Transgender werden Menschen bezeichnet, deren Identitätsgeschlecht nicht den Geschlechtsmerkmalen ihres Körpers entspricht. Das Leben als Transgender ist nicht immer einfach.

Von Jens Hirseland

Die gesellschaftliche Rollenverteilung der Geschlechter

In der Gesellschaft erwartet man von Männern und Frauen ein spezifisches Verhalten. Was als typisch männlich oder weiblich gilt, ist also oft Ausdruck der gesellschaftlichen Rollenverteilung.

Unter der Geschlechterrolle versteht man Verhaltensweisen, die in der jeweiligen Gesellschaft oder Kultur als charakteristisch für das männliche oder weibliche Geschlecht gelten. Außerdem benutzt man die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau zur Zuweisung von unterschiedlichen Rollen.

Dabei begnügt sich die Gesellschaft jedoch nicht mit den natürlichen Geschlechtsunterschieden, sondern nimmt auch soziale und kulturelle Unterschiede vor. Für Frauen bedeutet dies beispielsweise, dass sie sich auch feminin verhalten müssen, während Männer möglichst maskulin wirken sollen.

Zahlreiche Soziologen und Psychologen vertreten die Ansicht, dass die Verhaltensweisen, die als typisch männlich oder weiblich gelten, nicht durchweg naturgegeben sind, sondern vielmehr auf der Kultur und den Traditionen der jeweiligen Gesellschaft beruhen. So üben Männer und Frauen bereits so lange eine bestimmte Rollenverteilung aus, dass sie diese mittlerweile als wesensgemäß ansehen.

Die Rollenverteilung der Geschlechter kann jedoch durchaus unterschiedlich sein. So gibt es Kulturen, in denen Frauen das vorherrschende Geschlecht sind und sogar körperlich schwere Aufgaben übernehmen, während die Männer sich um gefühlvolle Dinge kümmern.

Geschichte und Entwicklung

In der Geschichte der Menschheit hat sich vor allem die patriarchalische Gesellschaftsnorm bei der Verteilung der Geschlechterrollen durchgesetzt. Im westlichen Kulturkreis wird diese Norm jedoch immer mehr in Frage gestellt, wodurch es bereits zu verschiedenen Veränderungen kam.

Typisch Mann - typisch Frau?

Zu den Kritikpunkten an der traditionellen Rollenverteilung der Geschlechter gehört vor allem die Behauptung, dass die strikte Trennung der Geschlechterrollen naturgegeben sei.

  • So gilt der Mann in einer patriarchalischen Gesellschaft als Ernährer und Oberhaupt der Familie, der stets rational, stark und sexuell aktiv zu sein hat.
  • Dagegen sieht man die Frau als emotional, schwach, sexuell passiv und abhängig vom Mann an. Darüber hinaus ist sie für den familiären Teil der Familie zuständig.

Veränderungen bei der Rollenverteilung der Geschlechter

Durch die politischen und sozialen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts kam es jedoch zu starken Veränderungen bei der Rollenverteilung der Geschlechter. Vor allem bei Frauen führte dies zu einer liberaleren Auslegung der Geschlechtsrolle.

Frauen, die heutzutage ein naturwissenschaftliches Studium anstreben, erhalten dafür meist Akzeptanz und Verständnis. Probleme gibt es jedoch nach wie vor für Männer, die im Gegenzug die Rolle des Hausmanns ausüben, während ihre Frau den Part der Ernährerin übernimmt. So stoßen diese nicht nur bei vielen Männern, sondern auch bei zahlreichen Frauen auf Ablehnung.

Kommt es zum Abweichen von den zugewiesenen sozialen Geschlechtsmerkmalen oder der Geschlechterrolle, so ist von Transgendern die Rede...

Transgender - was ist das eigentlich?

Der Begriff Transgender setzt sich aus dem lateinischen Wort "trans" sowie dem englischen Wort "gender" zusammen - während "trans" "darüber hinaus" oder "jenseitig" bedeutet, steht "gender" für das soziales (nicht biologische) Geschlecht.

Definition

Als Transgender bezeichnet man Menschen, die sich mit dem Geschlecht, das sie bei der Geburt aufgrund ihrer äußeren Geschlechtsmerkmale erhalten haben, nicht identifizieren können oder sich nur unzureichend beschrieben fühlen. Von manchen Transgendern wird eine Geschlechtszuweisung sogar vollkommen abgelehnt.

Viele Transgender-Aktivisten benutzen den Begriff "Transgender" zudem als Sammelbezeichnung für sämtliche Menschen, die sich auf sichtbare Weise der klassischen Zuordnung der Geschlechterrollen entziehen. Damit verbunden sind auch die Begriffe Transvestitismus und Transsexualität.

Transfrauen und Transmänner

Man unterscheidet zwischen:

  1. Transfrauen
  2. Transmännern

Während Transfrauen Männer sind, die das weibliche Geschlecht annehmen, handelt es sich bei Transmännern um Frauen, die zum männlichen Geschlecht wechseln.

Manche Transgender-Personen ziehen es jedoch vor, keiner Kategorie zugeordnet zu werden und bestehen auf die allgemeine Bezeichnung Transgender. Nicht zu den Transgendern gerechnet werden normalerweise Intersexuelle, die sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale aufweisen.

Es gibt aber auch Menschen, die nicht-transsexuell sind, aber trotzdem lieber in einer anderen Geschlechterrolle leben. Dazu gehören vor allem:

  • androgyne Menschen
  • Drag Queens
  • Drag-Kings
  • Bi-Gender
  • so genannte Cross-Dresser

Auch diese Menschen werden zu den Transgendern gezählt.

Nicht dazu gehören dagegen Travestie-Künstler, die sich verkleidet in der Öffentlichkeit zur Schau stellen, sowie transvestitische Fetischisten, die die Geschlechterrolle lediglich zeitweise wechseln, um sich sexuell zu stimulieren.

Die Begriffsentwicklung

Geprägt wurde der Transgender-Begriff in den 70er Jahren in den Vereinigten Staaten von Amerika von Virginia Prince. Diese wollte damit Menschen beschreiben, die zwar die Absicht hatten, ihre soziale Geschlechterrolle zu wechseln, ohne deswegen jedoch genitalangleichende Eingriffe an sich vornehmen zu lassen.

In den 80er Jahren diente der Begriff immer mehr als gender-politischer Oberbegriff und setzte sich schließlich durch. In Europa war die Bezeichnung Transgender bis in die 90er Jahre hinein dagegen unbekannt. Erst ab 1995 begann dort ein breiterer Diskurs.

Ursachen für Transgender

Welche Ursachen für Transgender verantwortlich sind, ist noch immer unbekannt. Es gibt zwar eine Vielzahl von Theorien, die sowohl psychische als auch physische Gründe nennen, keine davon konnte jedoch hinreichend bewiesen werden, da zu jeder Theorie auch zahlreiche entsprechende Gegenbeispiele existieren.

So gibt es im Falle von Transgender auch keinerlei Therapie- oder Änderungsmöglichkeiten. Von den meisten Transgendern wird allerdings auch kein Grund für eine Behandlung oder Verhaltensänderung gesehen.

Das Leben als Transgender kann mit vielen Problemen einhergehen...

Das Leben als Transgender

Für viele Transgender beginnt ihre sexuelle Identität erst mit dem Prozess der Selbsterkenntnis. So ahnen manche bereits recht früh, dass sie lieber im anderen Geschlecht leben würden. In den meisten Fällen verspüren die Transgender-Personen jedoch erst ab der Pubertät den Wunsch, ein anderes Geschlecht zu haben.

Die Probleme beim Selbstfindungsprozess

Manchmal dauert der Selbstfindungsprozess auch bis ins höhere Erwachsenenalter. Das innere Coming-Out als Transgender ist für viele Betroffene nicht leicht. Oft versuchen sie ihre Gefühle zu ignorieren oder kämpfen dagegen an, indem sie möglichst "normal" wirken wollen, um nicht aufzufallen.

Manche der Betroffenen hoffen durch Heirat und die Gründung einer Familie dem passenden Rollenbild zu entsprechen. In vielen Fällen führt dies mit der Zeit jedoch zu erheblichen inneren Konflikten.

Kommt es schließlich zu dem befreienden Eingeständnis, dass man eine Transgender-Person ist, hat dies oft große Probleme mit

zur Folge. Die meisten Transgender benötigen viel Zeit, bis sie sich darüber klar werden, was sie sind. Während einige als Crossdresser leben, schlagen andere den transsexuellen Weg ein.

Vorurteile der Mitmenschen

Oftmals wird angenommen, dass vor allem sexuelle Motive ausschlaggebend für ein Leben als Transgender sind. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Zwar gibt es durchaus Transgender-Personen, die im anderen Geschlecht ihre sexuellen Phantasien verwirklichen, genauso gibt es aber auch Transgender, für die Sexualität nur von untergeordneter Bedeutung ist und die sogar jahrelang ohne sexuelle Kontakte leben.

Für viele Transgender-Personen ist es zudem schwierig, einen Partner zu finden, der keine Vorurteile oder Berührungsängste hat.

Dabei wünschen sich Transgender für ihr Leben dasselbe wie die meisten anderen Menschen auch: