Geschichte, Fahrzeuge, Regeln und Wettbewerbe des Truck Racings

Motorsportrennen, bei denen Lastkraftwagen an den Start gehen, werden als Truck Racing bzw. Lkw-Rennen bezeichnet. Es wird in zwei Königsklassen gefahren: SuperRaceTrucks und RaceTrucks. Die Veranstaltungen finden auf Rundstrecken an Rennwochenenden statt. Lesen Sie alles Wissenswerte über das Truck Racing samt Entwicklung, Fahrzeugtypen und Wettbewerben.

Von Kai Zielke

Die Geschichte des Truck Racings

Truck Racing ist ein Motorsport, der seine Anfänge in Amerika hatte. Gefahren wurde anfangs mit typischen Straßen-Lastkraftwagen. Für die jeweiligen Rennen kamen die Fahrer der umliegenden Regionen mit ihren riesigen Sattelzügen an den Ort der Veranstaltung, ließen die Auflieger stehen und starteten allein mit ihren Zugmaschinen.

Als nicht besonders benutzerfreundlich erwies sich die Piste, die aus lediglich unbefestigtem Untergrund bestand. Ende der 70er Jahre kamen niederländische Anhänger des Motorsports auf die Idee, diese Rennen nachzuahmen, allerdings auf befestigter Strecke.

Sie organisierten bereits 1980 die erste Truck-Racing-Veranstaltung in ihrem Land. 1981 gründete sich das Stichting Truck Racing Power Festival, das in festen Strukturen arbeitete und fortan die Organisation der Rennen übernahm.

Somit gab es einen offiziellen Veranstalter für das erste Truck Racing in Europa, deren Veranstaltungsort wiederum in den Niederlanden beheimatet war.

Internationale Wettkämpfe

Das riesige Interesse der Zuschauer sorgte dafür, dass gleich mehrere Wettkämpfe im Jahr ausgerichtet wurden und dass die Rennserie auch international an Ansehen gewann. Inzwischen wurden die Fahrzeuge spezialisiert und von professionellen Sportlern gefahren.

Zeitgleich wurde die 24 heures camion in Frankreich ausgetragen, bei der es sich um ein 24-Stunden-Rennen handelte. Eigentlich war die Strecke von Le Mans als Teststrecke gedacht, inzwischen sind Boxengassen nicht mehr wegzudenken.

Die Gründung der Organisationen

In den nächsten Jahren nahmen auch internationale Fahrer an den niederländischen Truck-Rennen teil. Ab 1984 fanden Rennläufe auch in Großbritannien statt. Immer mehr Teams, Veranstalter, Fahrer und Fans fanden an der Serie Gefallen, so dass im Ergebnis die European Truck Racing Organisation gegründet wurde.

Unter ihrer Obhut wurden fortan diverse Veranstaltungen durchgeführt. Eine davon lief unter der Bezeichnung Truck-Europameisterschaft, die aus 7 Einzelläufen bestand.

Später wurde die ETRO in ETRA umbenannt. Die Europameisterschaft wurde 10 Jahre lang von der Organisation begleitet.

Im Jahr 1994 ging die Austragung der Meisterschaft an die FIA über, wobei sie anfangs als FIA-Europapokal bezeichnet wurde. Seit 2006 darf sie sich FIA-Europameisterschaft nennen.

Truckracing in Europa - das Motorsportrennen in Übergröße

In den USA begann das Truckracing als eine Art Showrennen schon einige Jahre früher als in Europa. Hier waren es jedoch eher reine Rennwagen, die dann aus Gründen des Showeffekts zu Trucks umgemodelt wurden. Die Europäischen Anfänge ereigneten sich in den frühen 80er Jahren, als in Frankreich die ersten Trucks aufgemotzt wurden um dann damit Rennen auf gewohnten Rennstrecken zu fahren. In Europa wurde weniger auf die Show und Geschwindigkeit geachtet, sondern mehr auf das fahrerische Können der einzelnen Kontrahenten.

Im Jahre 1988 existierte in Europa eine noch unprofessionell organisierte Europameisterschaft der Truckracer, die wenig später von der FiA (Fédération Internationale de l'Automobile) angenommen wurde und somit zu einer offiziellen Meisterschaft unter der Kontrolle des Automobilsportverbandes FISA heranwuchs. Das Regelwerk für die europäischen Wettkämpfe des Truckracing legte 1989 die "European Truck Race Association" fest.

Die zwei Königsklassen des Truckracings

Gefahren werden die Rennen in zwei Königsklassen:

  1. Es gibt zum einen die SuperRaceTrucks, die aus den besten Teilen verschiedener Trucks zusammengebaut oder ganz neu entwickelt werden können. In nur 5 Sekunden schaffen es die 5 Tonnen schweren Stahlkolosse auf die vorgegebene Maximalgeschwindigkeit von 160 km/h.

    Mit ihren 1500 PS und den 5000 NM erreichen sie mehr als die Zehnfache Motorleistung handelüblicher Formel1-Wagen. Durch ihre Hochleistungsausstattung erinnern die monströsen Ungetüme auch nicht mehr an die Trucks die täglich unsere Straßen überqueren, sondern eher an überdimensionale Rennmaschinen.

  2. Zum anderen gibt es die herkömmlichen RaceTrucks, die auf einem Serienfahrzeug gestützt werden müssen. Ihr Regelwerk ist etwas enger vorgegeben, da sie den ursprünglichen TruckRacingCharakter vertreten. Doch auch diese Giganten mit einem Mindestgewicht von 5,8 Tonnen, erreichen durch geschickte Gewichtsverteilung bis zu 1100 PS und 5000 NM.

Wichtige Regeln des Truck Racings

Bereits die ersten Veranstaltungen im Truck Racing fanden an Wochenenden statt, dann nämlich, wenn die Trucks nicht zum Transport von Gütern verwendet wurden. Dieser Tradition blieb die FIA treu.

Das Rennwochenende

Man fährt immer noch an sogenannten Rennwochenenden. Diese beginnen mit zwei freien Trainings, die über jeweils 20 Minuten dauern. Der folgende Renntag startet mit einem Warm Up. Anschließend gibt es ein Zeittraining, das sogenannte Timed Practice, welches über die jeweilige Aufstellung beim Rennen entscheidet.

Trainingsstrecke und Punktevergabe

Die Trainingsstrecke beträgt 45 Kilometer, wobei auch die jeweilige Streckenvermessung nach den Vorschriften des FIA-Reglements erfolgen muss.

  1. Dem Sieger werden 20 Punkte zugesprochen,
  2. der Zweitplatzierte erhält 15 Punkte,
  3. der Drittplatzierte 12 Punkte.

Bis zum 10. Platz erfolgt die Wertung Stufe für Stufe. Aus dieser Platzierung ergibt sich die Aufstellung für das zweite Rennen. Bei diesem gehen die Fahrer der Plätze 1 bis 8 in umgekehrter Reihenfolge an den Start, die Poleposition steht also dem Achtplatzierten zu. Ab Position 9 entspricht die Aufstellung der Platzierung des vorherigen Rennens. Die Strecke des zweiten Rennens beträgt ebenfalls 45 Kilometer.

  1. Der Sieger erhält 10 Punkte,
  2. der Zweitplatzierte 9 Punkte.

Die nachfolgenden Punkte werden in Abstufung erteilt, bis der Zehntplatzierte einen Punkt erhält. Am Ende wird eine Siegerehrung durchgeführt.

Bis zum Jahr 2006 wurde vor jedem Hauptrennen ein Qualifying durchgeführt, inzwischen gibt es dieses nicht mehr. Grund hierfür war die Begrenzung der Teilnehmerzahl beim Championat auf 26 Teilnehmer. Zuvor gingen oft bis zu 40 Teilnehmer an den Start.

Technische Voraussetzungen

Auch die technischen Voraussetzungen für die Fahrzeuge sind im Reglement der FIA enthalten, respektive im Artikel 290 des Internationalen Sportgesetzes. Die Einstufung der Renntrucks erfolgt in die Gruppe F. Gab es bis 2006 eine Unterteilung in die Kategorien Race Class und Super Race Class, wird seither nur noch in der Kategorie Race Class gefahren.

Der Truck muss gewisse Bauteile eines homologisierten Straßen-Lastkraftwagens besitzen und entsprechenden Sicherheitsanforderungen gerecht werden. Diese gibt es auch für die Fahrer. Sie benötigen beispielsweise eine entsprechende Schutzbekleidung.

Wodurch sich Renntrucks auszeichnen

Die heutigen Renntrucks gingen aus serienmäßigen Lastkraftwagen hervor. Bis auf wenige Ausnahmen ist ihre Seriennähe auch heute noch - oder schon wieder - erkennbar. Der uneingeschränkte Austausch aller Bauteile, wie man ihn in der Super Race Class vorfand, ist inzwischen nicht mehr erlaubt.

Klasseneinteilungen

Man unterschied zunächst die Klassen A, B und C, die sich allein nach der Leistungsstärke der Motoren richtete. Später unterteilte man die Gruppen weiter nach dem Hubraum. Die Fahrzeuge wurden je nach Klasse für den Renneinsatz umgebaut, wurden dadurch allerdings schwerer handelbar.

Doch längst interessierten sich Profisportler für die Rennserie, die rasch als Piloten zum Einsatz kamen. Besonderes Aufsehen erregte durch ihre Umbauten die Firma Bickel-Tuning, die den Fahrer Gerd Körber mit einem Hauben-Lkw ausstattete.

Dieser Truck erhielt zugleich viele Bauteile von MAN. Insgesamt war die Konstruktion so ausgereift, dass Körber 1991 den Europameistertitel erzielte.

Neueinteilungen

Nachdem die FIA die Führung der Truck-Meisterschaften übernahm, sorgte sie für eine Neueinteilung der Klassen. Man unterschied zunächst in die Race Class und die Super Race Class, wobei letztere Kategorie besonders kostenintensiv ausgerüstet war.

Nicht umsonst fanden sich in dieser Klasse hauptsächlich werkunterstützende Teams ein. Die Race Class hingegen galt als verhältnismäßig seriennah.

Technische Weiterentwicklungen

Es dauerte nicht lange, bis die Fahrzeuge aus der Super Race Class in weniger als vier Sekunden von 0 auf 100 beschleunigen konnten. Ihre Leistung betrug etwa 1500 PS.

Irgendwann war eine technische Weiterentwicklung nicht mehr möglich, was dazu führte, dass die Hersteller ihr Interesse an der Konstruktion weiterer Prototypen verloren.

Seit 2006 gibt es die Super Race Class nicht mehr, was für die Fahrzeuge bedeutet, dass sie recht seriennah an den Start gehen.

Die Reifen

Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Kontroversen in Bezug auf die Reifen. Um die Versorgung der Fahrzeuge mit selbigen kümmert sich nun die TRO, eine im Jahr 2010 gegründete Truck Race Organisation, die zur FIA gehört. Aktuell wird mit Goodyear-Truckracing-Reifen gefahren.

Die Bestimmungen für die Fahrzeuge müssen eingehalten werden
Die Bestimmungen für die Fahrzeuge müssen eingehalten werden

Bekannte Truck Racing Meisterschaften

Im Truck Racing werden diverse nationale und internationale Meisterschaften ausgetragen, wobei der Truck Racing European Championship eine besondere Bedeutung zukommt. Insbesondere gilt das Rennen auf dem Nürburgring als Anziehungspunkt für zahlreiche interessierte Zuschauer. Doch auch andere Länder tragen eigene Wettbewerbe aus.

Truck Racing European Championship

Die Europameisterschaft im Truck Racing wird seit 1985 regelmäßig ausgetragen. Ihre offizielle Bezeichnung lautet Truck Racing European Championship. Pro Saison werden etwa 9 Rennen gefahren, wobei die Veranstaltungsorte ausschließlich in Europa liegen.

Truck Grand Prix

Als Höhepunkt kann der Deutsche Truck Grand Prix auf dem Nürburgring bezeichnet werden, der vom ADAC Mittelrhein organisiert wird. Im Jahr 2011 fand dieser am Rennwochenende vom 8. Juli bis 10. Juli statt. Trotz schlechten Wetters konnten 212.000 Zuschauer gezählt werden, was für eine große Resonanz bei den Fans spricht.

Zu sehen bekamen diese spektakuläre Rennläufe, bei denen der teilweise regennasse Untergrund für Attraktionen, aber auch für eine Menge Unfälle sorgte. Unter anderem kam es kurz nach dem Start zum letzten Rennen zu einem Massencrash.

Seit 2006 ist die Serie von der FIA offiziell zu einer vollwertigen Europameisterschaft im Truck Racing anerkannt worden, seither gibt es allerdings auch keine Super-Race-Truck-Klasse mehr. Die Fahrzeuge sind nunmehr in der Gruppe F des FIA-Reglements definiert.

Weitere Rennen weltweit

Neben der Europameisterschaft gibt es noch andere Rennen, die im Truck Racing ausgetragen werden. Landeswettbewerbe finden unter anderem statt in

In den USA gab es zwischenzeitlich immer wieder Versuche, Rundstreckenrennen auszutragen, allerdings blieben diese ohne Erfolg. Bis 2002 bestand in Australien und Neuseeland eine Rennserie im Truck Racing, welche der in Europa ausgetragenen keinesfalls nachstand. Dann allerdings gab es Unstimmigkeiten zwischen Veranstaltern und Fahrern, so dass die Meisterschaft ein jähes Ende fand.

O Carreteiro Racing organisiert seit 1996 eine Truck-Rennserie in Südamerika, welche wie die Europameisterschaft aus ebenfalls etwa 9 Veranstaltungen besteht. Das besondere Interesse gilt dabei dem Lauf in Brasilien.

Auch Japan ist an gleichwertigen Rennen interessiert und hat inzwischen eine Organisation gegründet, die entsprechende Wettbewerbe auf die Beine stellen soll. Sie trägt die Bezeichnung Japan Truck Racing Association.

Aktuell befinden sich ein paar ausgemusterte Trucks aus Europa am denkbaren Austragungsort, eine Veranstaltung gab es bisher allerdings nicht.