Hirsutismus

Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Unter Hirsutismus versteht man eine vermehrte Körperbehaarung bei Frauen. So wachsen den Betroffenen beispielsweise Haare im Gesicht und auf der Brust. In der Regel stellt der vermehrte Haarwuchs ein Symptom einer bestimmten Grunderkrankung dar. In diesem Fall liegen hormonelle Störungen vor. Lesen Sie alles Wissenswerte über die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten des Hirsutismus.

Von Jens Hirseland

Hirsutismus - Generelle Merkmale

Die Haarentfernung spielt besonders bei der Damenwelt eine große Rolle - Achseln, Beine und Bikinizone müssen haarfrei sein und oft werden auch die Arme rasiert; vor allem, wenn die Haare dort sehr dunkel sind. Manche Frauen leiden extrem unter ihrer Körperbehaarung, nämlich dann, wenn sie von Hirsutismus - einem übermäßigen Haarwuchs betroffen sind.

Symptome von Hirsutismus, z.B. Damenbart

Auch Kinder können von dem übermäßigen Haarwuchs betroffen sein. Beim Hirsutismus wachsen die Haare an typisch männlichen Stellen wie

Dabei werden die hellen und weicheren Haare, die so genannten Vellushaare, an diesen Stellen durch dickere und dunkel, so genannte Terminalhaare ersetzt. In der Regel sind die Ursachen dafür genetischer Natur; dabei sind Frauen mit dunklerem Haar- und Hauttyp besonders betroffen.

Hirsutismus gilt nicht als eigenständige Krankheit. Meist handelt es sich dabei um das Symptom einer bestimmten Grunderkrankung. Bemerkbar macht sich Hirsutismus dadurch, dass es bei den betroffenen Frauen zu einem übermäßigen Haarwuchs kommt, der in seiner Verteilung eigentlich typisch männlich ist.

Frauen, bei denen Hirsutismus auftritt, sind einem hohen Leidensdruck ausgesetzt. Viele der Betroffenen schämen sich so sehr für ihr Leiden, dass sie sich sozial isolieren. Ein erfülltes Sexualleben ist für sie kaum möglich.

Weltweit sind etwa 5 bis 10 Prozent aller Frauen von Hirsutismus betroffen. Der meist hormonell bedingte übermäßige Haarwuchs lässt sich jedoch wirksam behandeln.

Weitere mögliche Symptome von Hirsutismus

Nicht selten geht Hirsutismus mit weiteren Anzeichen einer Vermännlichung einher. So kann es zu

  • Unfruchtbarkeit
  • einer Amenorrhoe
  • verkleinerten inneren Geschlechtsorganen und Brüsten
  • einer Vergrößerung der Klitoris
  • Akne und
  • einer tieferen Stimme

kommen.

Mögliche Ursachen von Hirsutismus

Die Ursachen von Hirsutismus sind mannigfaltig. So können hormonelle Störungen wie ein Östrogenmangel oder ein Überschuss an Androgenen den verstärkten Haarwuchs hervorrufen.

Zu einem Überschuss an männlichen Geschlechtshormonen wie Testosteron kommt es entweder durch Tumore oder eine Hyperplasie der Nebennierenrinde. Weitere mögliche Ursachen können

  • genetische Veranlagungen, die keinen krankhaften Hintergrund haben
  • ein adrenogenitales Syndrom, bei dem noch weitere Vermännlichungssymptome auftreten
  • ein polyzistisches Ovarialsyndrom (PCOS), bei dem von den Eierstöcken verstärkt männliche Sexualhormone hergestellt werden
  • Tumore an den Eierstöcken oder den Nieren
  • das Cushing-Syndrom, sowie
  • eine Hyperplasie der Nebennierenrinde

sein.

Hirsutismus durch eine übermäßige Produktion von Testosteron

Auch bei Frauen wird das männliche Geschlechtshormon Testosteron produziert, beispielsweise, um den Muskelaufbau zu unterstützen. Ist die Menge jedoch größer als gewöhnlich, kann sich dies in verstärktem Haarwachstum zeigen.

Zur vermehrten Testosteronproduktion kann auch eine Hormonstörung führen. Die Haarfollikel werden in solchen Fällen stärker stimuliert.

Hirsutismus durch Störungen in den Nebennieren

Hirsutismus kann seine Ursachen in den Nebennieren haben. Auch in diesem Fall liegt ein erhöhter Testosteronspiegel vor.

Als Beispiel sei das Adrenogenitale Syndrom (AGS) genannt, unter das man mehrere Erkrankungen des Stoffwechsels zusammenfasst. Hier liegt eine Störung der Hormonproduktion in den Nebennieren vor. In seltenen Fällen kann auch ein Adrogen-produzierender Tumor der Auslöser sein.

Hirsutismus durch Störungen im Bereich der Eierstöcke

In den Eierstöcken kann eine Funktionsstörung zu Hirtuismus führen. Möglich ist eine Erhöhung des Testosteronspiegels; oder der freie Testosteronindex weist höhere Werte auf - in diesem Fall kann das Polyzystische Ovarialsyndrom die Ursache sein.

Neben der verstärkten Körperbehaarung können auch Fettleibigkeit und Zyklusstörungen zu den Symptomen zählen. Seltener ist ein Eierstockhumor für die Produktion männlicher Sexualhormone und damit für den Hirsutismus verantwortlich.

Hirsutismus als Nebenwirkung von Medikamenten

Darüber hinaus kann Hirsutismus aber auch als Nebenwirkung durch die Einnahme von bestimmten Medikamenten auftreten. Dazu gehören vor allem

  • Anabolika
  • Glukokortikoide
  • ACTH
  • Progesteronderivate
  • Ciclosporin
  • Spironolacton
  • Phenytoin
  • Minoxidil
  • Diazoxid und
  • D-Penicillamin.

Hirsutismus in der Pubertät, Schwangerschaft und in den Wechseljahren

In Situationen und Zeiten, in denen der Körper eine hormonelle Umstellung erfährt, kann es eher zu vermehrtem Haarwuchs kommen. Mögliche Faktoren in diesem Zusammenhang sind

  • die Pubertät
  • die Schwangerschaft
  • das Absetzen der Pille oder auch
  • die Wechseljahre.

Idiopathischer Hirsutismus: Hirsutismus ohne klare Ursache

Außerdem gibt es auch idiopathische Formen, bei denen die Ursache unklar ist. In vielen Fällen tritt Hirsutismus bei Frauen auf, die unter Übergewicht und Insulinresistenz leiden.

Eine Grunderkrankung liegt im Fall des idiopathischen Hirsutismus nicht vor. Möglich ist eine Abstammung oder genetische Veranlagung. Denkbar wäre, dass die Haarfollikel eine übermäßige Empfindlichkeit gegenüber Testosteron aufweisen, obwohl dessen Spiegel im Normalbereich liegt.

Folgen von Hirsutismus

Für die betroffenen Frauen bedeutet Hirsutismus eine erhebliche Einschränkung ihrer Lebensqualität. So führt die übermäßige Körperbehaarung an

häufig zu Spott und Hänseleien. Viele Betroffene trauen sich aus Scham nicht, intime Beziehungen einzugehen.

Viele Frauen schämen sich in der Öffentlichkeit
Viele Frauen schämen sich in der Öffentlichkeit

Diagnose von Hirsutismus

Im Rahmen der Anamnese lässt sich eine mögliche familiäre Veranlagung oder Nebenwirkung eines Arzneimittels feststellen. Des Weiteren werden verschiedene Blutwerte untersucht.

  • Bei einem ovariell bedingten Hirsutismus liegt der Wert der Vorstufe von Testosteron (DHEA) in einem normalen Bereich.
  • Bei einem durch Tumore bedingten Hirsutismus ist der DHEA-Wert in der Nebennierenrinde erhöht.
  • Beim PCO-Syndrom sind die Testosteron-, Androstendion und LH-Werte erhöht, während der FSH-Wert erniedrigt ist.

Abgrenzung des Hirsutismus von Hypertrichose und Virilismus

Abzugrenzen ist der Hirsutismus von der Hypertrichose, bei der es zu einer vermehrten Körperbehaarung ohne bevorzugte Lokalisation kommt. So sind weder Sexual- noch Gesichtsbehaareung besonders betroffen.

Auch Androgene scheinen bei der Hypertrichose keine Bedeutung zu haben. Ebenfalls zu unterscheiden ist der Virilismus, bei dem es zusätzlich zu der vermehrten Körperbehaarung zu einer tieferen Stimme, Veränderungen der Körperproportionen und Zyklussstörungen, im Allgemeinen zu einer Vermännlichung kommt.

Erfassung des Schweregrads durch den Hirsutismus-Score (Ferriman-Gallwey-Score)

Mithilfe des so genannten Ferriman-Gallwey-Scores lässt sich der Schweregrad des Hirsutismus bestimmen. Mit diesem Score werden 9 Körperregionen erfasst, bei denen die Punkte von 0 für keine Behaarung bis 4 mit maximaler Beharung vergeben werden.

Übersteigt der Score einen Wert von 7, liegt ein Hirsutismus vor. Die folgende Tabelle gibt einen entsprechenden Überblick.

Ferriman-Gallwey-Score
LokalisationBefundScorewert
Oberlippewenig Haare außen1
kleiner Bart außen2
Oberlippenbart fast bis Mittellinie3
Bart bis zur Mittellinie4
Kinnvereinzelte Haare1
Haaransammlung2
komplette Haardecke3
dichte komplette Haardecke4
Brusteinzelne Haare1
Haare in der Mittellinie2
3/4 bedeckt3
komplett bedeckt4
Rückeneinzelne Haare1
mehrere Haare2
komplette Haardecke3
dichte komplette Haardecke4
Lendensakrales Haarpolster1
Polster mit lateraler Ausdehnung2
3/4 bedeckt3
komplette Haardecke4
Oberbauchwenig Haare in der Mittellinie1
mehr als (1) aber noch im Bereich der Mittellinie2
halbe Haardecke3
komplette Haardecke4
Unterbaucheinige Haare in der Mittellinie1
Strich von Haaren an der Mittellinie2
Band von Haaren3
umgekehrtes V4
Oberbauchdiskrete Behaarung1
mehr, noch keine geschlossen Haardecke2
halbe Hardecke3
komplette Haardecke4
Oberschenkeldiskrete Behaarung1
mehr, noch keine geschlossene Haardecke2
halbe Haardecke3
komplette Haardecke4

Behandlungsmöglichkeiten bei Hirsutismus

Es ist jedoch durchaus möglich, Hirsutismus wirksam zu bekämpfen.

Medikamente: Behandlung von Hirsutismus bei hormoneller Ursache, z.B. durch die Pille

Ist die Ursache der Behaarung hormonell bedingt, gilt es, die Grunderkrankung zu behandeln. Handelt es sich um eine adrenale Form, können Medikamente, die Dexamethason enthalten, Abhilfe schaffen. Bei einer ovariellen Form besteht die Möglichkeit einer Behandlung mit östrogenbetonten Medikamenten wie Ovulationshemmern, zu denen auch die Antibaby-Pille zählt. Auch der Wirkstoff Eflornithin kann helfen; dieser wird in Form einer Salbe aufgetragen.

Wirkung von Gestagen und Östrogen bei Hirsutismus

Präparate, in denen Gestagen und Östrogen enthalten sind, verfügen über die Eigenschaft, die Produktion des männlichen Hormons Testosteron in den Eierstöcken zu vermindern. Außerdem wird das Testosteron durch Östrogen im Körper gebunden und damit unwirksam gemacht.

Gestagen sorgt wiederum für einen beschleunigten Abtransport des Hormons aus dem Körper. Zu den effektivsten Wirkstoffen gehören

  • Gestoden
  • Desogestrel
  • Cyproteronacetat und
  • Norgestimat.

Allerdings kann die Einnahme dieser Mittel auch unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen.

Behandlung bei idiopathischer Form von Hirsutismus

Im Falle einer idiopathischen Form liegt der Behandlungsschwerpunkt bei kosmetischen Verfahren.

Haarbleichmittel und Epilation bei Hirsutismus

Dazu gehören zum Beispiel Haarbleichmittel, die häufig kosmetisch befriedigende Ergebnisse liefern, sowie das mechanische Entfernen der Haare (Epilation).

Laserbehandlungen und Elektroepilation bei Hirsutismus

Als besonders effektiv gelten Laserbehandlungen und die Elektroepilation. Dabei werden die Haarwurzeln durch kleine Stromstöße zerstört.

Eine solche Behandlung lässt sich sowohl von Hautärzten als auch in qualifizierten Kosmetiksalons vornehmen. Für einen dauerhaften Effekt sind mehrere Sitzungen notwendig, die jeweils sehr kostenintensiv sind; von den Krankenkassen erhält man in der Regel keine finanzielle Beteiligung.

Weitere Hormonstörungen

Auf den folgenden Seiten behandeln wir die unterschiedlichen Hormonstörungen.