Ptosis - Ursachen und Behandlung

Hängen die Augenlider sichtbar herab, spricht man von einer Ptosis. Die Augenlidsenkung wird meist durch eine Nervenstörung oder Muskelerkrankung ausgelöst, kann in seltenen Fällen aber auch angeboren sein. Das Herunterhängen der Augenlider und Probleme beim Anheben der Lider kann zu erheblichen Sehstörungen führen, weshalb es einer medizinischen Behandlung bedarf, die je nach Ptosis-Form unterschiedlich ausfällt. Lesen Sie hier alles Wissenswerte zu Ursachen und Behandlung einer Ptosis.

Von Jens Hirseland
Klassifikation nach ICD-10: H02.4
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Die Bezeichnung Ptosis stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Senkung". Gemeint ist damit das Absenken des oberen Augenlids (Blepharoptosis). Die Ptosis, oder auch Ptose, kann sowohl ein Augenlid als auch beide Lider betreffen. Hängt nur das untere Augenlid herab, sprechen Mediziner von einem Ektropium.

Ein typisches Merkmal der Ptose ist, dass der Patient das betroffene Augenlid nur schwer oder sogar überhaupt nicht anheben kann.

In manchen Fällen verdeckt das Herabhängen des oberen Augenlids die Pupille partiell oder sogar komplett. Infolgedessen kann die Sicht der betroffenen Person eingeschränkt sein. Um die Sicht zu verbessern, heben die Patienten oft zwanghaft Kopf und Kinn an. Ohne eine Behandlung der Ptosis droht Kindern eine Schwachsichtigkeit (Amblyopie) auf dem betroffenen Auge.

Häufigkeit einer Ptosis

Die Ptosis zählt zu den eher seltenen Augenbeschwerden. Prinzipiell ist das Auftreten der Lidfehlstellung in jedem Lebensalter möglich. Zeigt sich die Ptosis im Kindesalter, ist sie meist bereits angeboren.

Ursachen einer Ptosis

Eine Ptosis ist entweder angeboren oder wird im Laufe des Lebens erworben.

Angeborene Ptosis

Eine angeborene Ptose (kongenitale Ptosis) wird in der Regel durch eine mangelhafte Ausbildung von bestimmten Hirnnerven wie dem Nervus oculomotorius verursacht. Durch dieses Defizit ist der Nerv nicht in der Lage, Nervenimpulse an den Lidhebermuskel des Augenlids weiterzuleiten. In den meisten Fällen tritt die Ptosis dann an beiden Augen auf.

Gelegentlich kann auch eine angeborene Fehlentwicklung des Lidhebermuskels für das Absenken des oberen Augenlids verantwortlich sein.

Erworbene Ptosis

Die Medizin teilt die erworbene Ptosis in vier Gruppen ein:

Ptosis sympathica

Von einer Ptosis sympathica ist die Rede, wenn eine Schädigung des sympathischen Nervensystems (Sympathikus) vorliegt. Das Augenlid hängt dabei jedoch nur in geringem Ausmaß herunter. Außerdem weist das jeweilige Auge eine kleinere Pupille auf und sinkt tiefer ein. Durch die Schädigung kann es zu weiteren Ausfällen des Auges kommen, was als Horner-Syndrom bezeichnet wird.

Ptosis paralytica

Bei einer Ptosis paralytica kommt es zur Lähmung des Nervus oculomotorius, wie bei einem Schlaganfall oder einer Meningitis (Hirnhautentzündung). Der Hirnnerv ist außerdem für die Versorgung von sechs äußeren Augenmuskeln zuständig, was häufig Lähmungsschielen zur Folge hat.

Ptosis traumatica

Eine Ptosis traumatica wird durch eine äußere Augenverletzung hervorgerufen.

Myogene Ptosis

Eine myogene Ptosis entsteht durch eine Muskelerkrankung. Dabei kann es sich um eine myotone Dystrophie oder Myasthenia gravis handeln.

Weitere Ursachen

Als weitere mögliche Ursache für eine Lidsenkung kommt eine Vergiftung wie durch einen Schlangenbiss infrage. Die Lidfehlstellung entsteht durch die Abgabe von starken Neurotoxinen, die von Giftschlangen wie Mambas oder Kobras stammen. Aber auch eine Lebensmittelvergiftung durch das Toxin Clostridium botulinum kann für das Herabhängen des Augenlids verantwortlich sein.

Nicht selten ist die Ptosis auch altersbedingt und entsteht durch eine Erschlaffung der Lidheber-Sehne.

Pseudoptosis

Von der echten Ptosis zu unterscheiden ist die sogenannte Pseudoptosis. Dabei hängt das obere Augendlid zwar auch herab, doch wird dies durch eine Verkleinerung des Augapfels oder entzündliche Augenlidveränderungen hervorgerufen.

Diagnose einer Ptosis

Hängt auf einmal ohne Voranzeichen das obere Augenlid an einem oder sogar beiden Augen herunter, sollte umgehend ein Termin bei einem Arzt vereinbart werden. Beste Anlaufstellen sind ein Augenarzt oder der Hausarzt.

Der Arzt kümmert sich zuerst um die Krankengeschichte des Patienten. Dabei erkundigt er sich danach, wie lange der Betroffene unter dem Augenproblem leidet und ob die Beschwerden im Tagesverlauf zunehmen. Von Interesse sind außerdem weitere Beschwerden, die neben der Ptosis auftreten.

Untersuchung der Augen

Auch die Augen werden gründlich untersucht. Im Blickpunkt steht vor allem die Ursache des Augenleidens. Dabei sucht der Arzt nach Hinweisen auf mögliche Nervenbeeinträchtigungen. Sind beide Augen von der Ptose betroffen, gilt dies als Indiz für muskuläre Ursachen, während eine einseitige Absenkung auf Nervenschäden hindeutet.

Testverfahren

Wertvolle Aufschlüsse erhält der Arzt durch verschiedene Tests. Dazu zählt unter anderem der Simpson-Test, in dessen Rahmen der Patient rund 60 Sekunden lang gezielt nach oben schaut. Sinkt das Augenlid dabei allmählich ab, liegt höchstwahrscheinlich eine ausgeprägte Muskelschwäche vor.

Durch das Vermessen der vertikalen Lidspalte lässt sich der Umfang der Ptosis bestimmen. Ferner wird überprüft, ob noch weitere Augenbewegungsstörungen vorliegen.

Weitere Untersuchungen

Mithilfe einer Computertomographie (CT), die zu den bildgebenden Verfahren zählt, lässt sich feststellen, ob eine Schädigung von Nerven oder Muskeln vorliegt oder ob ein Tumor der Auslöser der Augenfehlstellung ist. Durch eine Blutuntersuchung kann zudem eine Vergiftung diagnostiziert bzw. ausgeschlossen werden.

Behandlung einer Ptosis

Die Therapie der erworbenen Ptosis richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Daher muss der Auslöser vor der Behandlung zweifelsfrei feststehen.

Behandlung der angeborenen Ptosis

Ist die Ptosis bereits angeboren, besteht zumeist eine Einschränkung des Lidheber-Muskels. Im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs erfolgt das Anheben des Oberlids. Bei starken Einschränkungen des Levators (Heber des Oberlids) ist eine Verbesserung durch eine Aufhängung am Stirnmuskel (Musculus frontalis) möglich.

Behandlung einer erworbenen Ptosis

Liegt eine erworbene Ptose vor, wird die auslösende Ursache bekämpft, wie zum Beispiel durch eine gezielte Therapie der Muskelerkrankung Myasthenia gravis. Im Falle einer Verletzung oder Lähmung warten die Ärzte in der Regel erst einmal einige Zeit ab. So besteht die Option, dass sich die Oberlidfehlstellung im weiteren Verlauf von selbst wieder zurückbildet. Ist dies nicht der Fall, findet meist eine Operation statt.

Wurde die Lidfehlstellung durch Altersgründe verursacht, verkürzt der Chirurg den Lidheber-Muskel. Die Hautnaht lässt sich unauffällig in der Lidfurche unterbringen. Liegen am Oberlid Hautüberschüsse vor, ist es sinnvoll, diese ebenfalls zu entfernen, um ein besseres funktionelles und kosmetisches Resultat zu erzielen.

Blepharoplastik

Bei einigen Patienten reicht eine Blepharoplastik bereits zur Besserung der Beschwerden aus. Sie erfolgt bei einer Ptosis, die muskulär bedingt ist. Dabei entfernt der Chirurg die Haut des Oberlids. Durch dieses Verfahren erhält der Patient wieder eine freie Sehachse. Mitunter kann aber auch eine medikamentöse Therapie zur Behandlung ausreichen.

Nach der Operation ist es wichtig, das betroffene Augenlid zu schonen und regelmäßig zu kühlen.

Ptosisbrille

Um die Zeit bis zur Operation zu überbrücken oder die Beschwerden durch die Lidfehlstellung zu lindern, kann eine spezielle Ptosisbrille getragen werden. Sie ist mit einem kleinen Steg ausgestattet, durch den das herunterhängende Augenlid ein wenig angehoben wird. Dem Patienten wird dadurch besseres Sehen ermöglicht.

Prognose bei einer Ptosis

Die Prognose bei einer Ptosis fällt bei den meisten Patienten positiv aus. So lässt sich die Lidfehlstellung in der Regel durch die Gabe von Medikamenten oder einen operativen Eingriff erfolgreich behandeln. Manchmal bildet sie sich sogar von selbst wieder zurück.

Prävention einer Ptosis

Einer Ptosis lässt sich nicht gezielt vorbeugen. So ist sie meist die Begleiterscheinung von verschiedenen Erkrankungen, altersbedingt oder bereits angeboren. Zeigen sich die ersten Anzeichen der Ptose, sollte möglichst bald ein Arzt aufgesucht werden, um eine eventuelle Grunderkrankung festzustellen und entsprechend zu behandeln.