Typische Sprachstörungen bei Kindern - Ursachen, Symptome und Behandlung
Die Sprache gibt den Menschen die Möglichkeit, sich mit anderen zu verständigen. Während die Sprache für die meisten Menschen etwas ist, was ihnen ganz "leicht über die Lippen geht", entwickeln sich bei einigen Kindern verschiedene Sprachstörungen. Neben den unterschiedlichen dafür verantwortlichen Ursachen gibt es auch diverse Therapiemöglichkeiten für die betroffenen Kinder.
Die menschliche Sprache
Während man sich mit seinen Mitmenschen unterhält, denken wohl die wenigsten daran, dass die Bildung von Worten ein überaus komplexer Vorgang ist. Schließlich sind beim Sprechen nicht weniger als 100 Muskeln aktiv. Darüber hinaus braucht man zum Sprechen auch
- die Lungen
- die Lippen
- die Zähne
- die Zunge
- den Unterkiefer
- den gesamten Nasen-, Mund- und Rachenraum
- die Stimmbänder
- das Gaumensegel sowie
- die Augen
- die Ohren und
- das Gehirn.
Und all das muss bei der Bildung eines jeden Wortes koordiniert zusammenarbeiten. Arbeiten alle beteiligten Organe und Muskeln problemlos zusammen, dann werden in einem gewöhnlichen Gespräch bis zu 120 Wörter in der Minute gebildet. Funktioniert jedoch irgendetwas dieses komplexen Vorgangs nicht einwandfrei, dann kommt es zu einer Sprachstörung.
Von einer Sprachstörung ist die Rede, wenn die betroffene Person Schwierigkeiten damit hat, Sprache zu verstehen oder Sprache gedanklich zu bilden. Die Ursachen dafür können sehr vielfältig sein. Auch die Ausprägung einer Sprachstörung kann unterschiedlich stark ausfallen.
Sprachstörungen bei Kindern
Wenn Kinder in ihren ersten drei Lebensjahren langsam die Sprache für sich entdecken und sie immer mehr nutzen, dann wird wohl kein Erwachsener auf eine deutliche Aussprache oder einen einwandfreien Satzbau achten. Dennoch können die falsche Aussprache von Wörtern oder ein falscher Satzbau durchaus schon ein Hinweis auf eine Sprachstörung sein.
Um eine Sprachentwicklungsverzögerung handelt es sich, wenn die Entwicklung von Sprachverständnis und Spracherwerb bei Kindern im Vergleich mit ihren Altersgenossen nur langsam oder zu spät erfolgt. Das kann
- die Grammatik
- den Wortschatz
- die Artikulation oder
- den Satzbau
betreffen. In welchem Ausmaß einzelne Bereiche betroffen sind, ist individuell sehr unterschiedlich.
- Ist der Wortschatz eingeschränkt, fällt es Kindern schwer, Dinge zu benennen oder sie verwenden selten altersgemäße Bezeichnungen.
- Bei mangelndem Sprachverständnis erfassen Kinder oft nicht die Bedeutungen von Begriffen oder Sätzen.
- Neben den Sprachentwicklungsstörungen treten häufig Begleiterscheinungen wie Konzentrationsstörungen und Wahrnehmungsschwierigkeiten auf, oder es kommt zu allgemeinen Entwicklungsverzögerungen.
Mögliche Ursachen
Die frühkindliche Sprachentwicklung ist eine Art Alarmsystem für den gesamten Entwicklungsstand. Gehören Kinder zu den eher spät sprechen Lernenden im Lebensalter von 24 Monaten und lässt sich ein Entwicklungsrückstand bis zum Alter von drei Jahren nicht aufholen, können unterschiedliche Gründe zu Beeinträchtigungen der Sprachentwicklung geführt haben:
- erste Anzeichen von spezifischen Entwicklungsdefiziten in Bezug auf Sprache und Sprechen bei ansonsten unauffälligem Entwicklungsstand
- nicht erkannte Einschränkungen des Hörvermögens
- generelle Entwicklungsverzögerungen wie Lernbehinderungen
- autistische Störungen oder Vernachlässigung
Welche dieser Ursachen eine verzögerte Sprachentwicklung ausgelöst hat, lässt sich nur mit einer gründlichen logopädischen Diagnostik durch qualifizierte Fachkräfte erforschen. Es muss geklärt werden, ob die Sprachentwicklung behandlungsbedürftig ist, und ob eine Sprachförderung oder eine Sprachtherapie infrage kommt.
Oft ist schon eine gezielte Elternberatung durch einen Logopäden ausreichend, um bei Kleinkindern die Lust am Kommunizieren zu fördern. Auch das Einschränken des Medienkonsums oder das Fördern von handlungsbegleitendem Sprechen kann in einigen Fällen Verzögerungen in der Sprachentwicklung ausgleichen.
Mögliche erste Anzeichen für Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern
Wenn ein Kind mit zwei Jahren noch nicht spricht, so muss dies kein Anlass zur Sorge sein. Jedoch sollte man die Sprachentwicklung des Kindes nicht auf die leichte Schulter nehmen und gewisse Anzeichen ernstnehmen.
Spricht ein zweijähriges Kind noch keine Zwei-Wort-Sätze, also beispielsweise "Mama holen", "Puppe haben" etc., so könnte dies auf eine Sprachentwicklungsstörung hinweisen. Spricht man mit einem Kleinkind altersgemäß, so sollte es verstehen, was man von ihm möchte. Tut es dies nicht, so kann auch das einen Hinweis darauf geben, dass die sprachliche Entwicklung verzögert ist.
Ein dreijähriges Kind, das gerade zehn Worte spricht, ist genauso auffällig wie ein Kind, das in diesem Alter noch massiv speichelt und seine Mundbewegungen nicht richtig kontrollieren kann.
Aber auch die falsche Aussprache von Lauten ist häufig ein Anzeichen für eine Entwicklungsstörung. So gibt es Kinder, die kein "r" oder kein "sch" aussprechen können und diese Buchstaben durch andere ersetzen.
Auch grammatikalische Fehler sind ein Hinweis auf eine behandlungsbedürfte Sprachstörung, wenn ein Vierjähriger beispielsweise noch immer sagt: "Mama, ich Auto holt hab!" Genauso gehört auch das Stottern oder Stammeln zu den Anzeichen, die man nicht übersehen sollte.
Eltern sollten sich bezüglich einer Sprachentwicklungsstörung jedoch nicht verrückt machen. Ein Zweijähriger muss noch keine Referate halten können und wenn ein Kleinkind stottert, so muss dies nicht zwangsläufig eine Sprachentwicklungsstörung nach sich ziehen. Auch Kinder, die erst relativ spät anfangen zu sprechen, können diese Verzögerung oft sogar ohne medizinische Hilfe aufholen.
Trotzdem sollte man sein Kind beobachten und Zweifel dem Kinderarzt mitteilen. Dieser kann beurteilen, ob eine logopädische Behandlung sinnvoll ist oder nicht.
Entscheidung zwischen Sprachförderung und Sprachtherapie
Es gibt zahlreiche Gründe, die zu einer auffälligen Sprachentwicklung führen können, doch nicht immer handelt es sich dabei um eine Sprachstörung. Eine Sprachförderung hat vor allem das Ziel, vorhandene Fähigkeiten wie Wortschatz oder Sprachmelodie zu stärken und weiterzuentwickeln. Hier kommen zum Beispiel Sprachförderprogramme in Kindergärten zum Einsatz.
Liegen jedoch Sprachstörungen vor, ist eine logopädische Sprachtherapie nötig, da eine reine Sprachförderung hier nicht ausreicht. Die Sprachtherapie fokussiert sich auf individuelle Defizite und wird vorwiegend als Einzelbehandlung oder in Kleingruppen durchgeführt.
Die Behandlungen erfolgen auf spielerische Art und sind individuell auf Alter und Entwicklungsstand des Kindes sowie auf Symptome und Ausmaß der Sprachstörung abgestimmt.
Häufig leiden die Kinder unter Artikulationsstörungen oder Redeflussstörungen. Zu den kindlichen Sprachstörungen gehören auch Stimmstörungen und Sprechbewegungsstörungen, die aufgrund von Körperbehinderungen auftreten.
Hörscreening für Neugeborene: Sprachbehinderungen durch Hörschäden verhindern
Viele Menschen leiden bis ins Erwachsenenalter an Hörschäden, die oft mit Sprachbehinderungen einhergehen. Werden Babys taub oder schwerhörig geboren, lassen sich Hörbehinderungen mithilfe des Neugeborenen-Hörscreening bereits in den ersten Lebenstagen erkennen. Zeigt das Screening einen Hörschaden an, können umgehend Therapiemaßnahmen eingeleitet werden.
Die Früherkennungsuntersuchung ist für Säuglinge vollkommen schmerzfrei. Während das Neugeborene schläft, wird eine Sonde in das Ohr eingeführt. Diese Sonde sendet eine leises Geräusch aus, auf das ein gesundes Innenohr mit leichten Schwingungen reagiert, die ein in die Sonde integriertes Messgerät auswertet.
Kommt nur eine schwache oder gar keine Reaktion, kann das ein Hinweis für Schwerhörigkeit oder gar Taubheit sein. Diese Auffälligkeiten lassen sich dann rechtzeitig therapieren.
Routine-Check bei den Vorsorgeuntersuchungen
Etwa mit einem halben Jahr beginnen Babys mit dem "Sprechen". Natürlich hört man hier noch keine Worte sondern ein fröhliches Lallen und Brabbeln, das sich weiterentwickelt zu "ba-ba-ba", "da-da-da" usw. Fehlt dieses Brabbeln, so kann das ein Anzeichen für eine Sprachentwicklungsstörung sein. Daher überprüfen auch die Kinderärzte bei den Vorsorgeuntersuchungen, ob das Kind diese Laute von sich gibt.
Gleichzeitig wird bei den so genannten U-Untersuchungen auch das Hörvermögen getestet. Hört das Kind schlecht, so wird sich auch seine sprachliche Entwicklung verzögern, zumindest so lange, bis das verminderte Hörvermögen z.B. durch ein Hörgerät ausgeglichen wird.
Formen von Sprachstörungen
Es gibt viele unterschiedliche Sprachstörungen, die im Kindesalter auftreten können. Dabei kann es sich zum Beispiel um
- eine lexikalische Störung
- eine phonologische Störung
- den Dysgrammatismus
- eine pragmatische Störung
- eine Aphasie oder
- eine Sprachentwicklungsstörung
handeln. Die Ursache hierfür liegt meist im Gehirn. Wird beim Kind eine Sprachstörung festgestellt, dann bedeutet das jedoch noch lange nicht, dass es ein Leben lang durch diese Störung beeinflusst wird. Durch gezielte Therapien lassen sich die meisten Sprachstörungen gut behandeln, sodass sie wenigstens in ihrer Ausprägung gemildert werden können.
Im Folgenden gehen wir etwas genauer auf die unterschiedlichen Formen von Sprachstörungen bei Kindern ein.
Phonologische Sprachstörung bei Kindern
Wenn ein Kind unter einer phonologischen Sprachstörung leidet, dann ist es nicht dazu in der Lage, die Sprechlaute exakt zu artikulieren. Den betroffenen Kindern fehlt das Bewusstsein, die Bedeutung einzelner Laute zu unterscheiden. Aus diesem Grund werden Wörter falsch gebildet oder falsch miteinander kombiniert.
Symptome
Relativ typische Symptome dieser Sprachstörung sind zum Beispiel die Fehlbildung der Buchstaben S und Z. Daraus ergibt sich häufig ein Lispeln.
Auch die Verwendung des Buchstaben S anstelle von Sch (zum Beispiel "Sule" statt "Schule") ist recht typisch für diese Sprachstörung. Darüber hinaus werden beispielsweise auch die Buchstaben T und K miteinander vertauscht, und dadurch wird aus einer Tomate eine Komate. Entsprechend diesem Beispiel gibt es noch zahlreiche weitere Varianten, die auf eine phonologische Sprachstörung beim Kind hinweisen können.
Ursachen
Die Ursachen für diese Störung können sehr vielfältig sein. Sie kann zum Beispiel durch Komplikationen während der Schwangerschaft oder während der Geburt ausgelöst werden. Dadurch kann es zu einer Störung auf einer der sprachverarbeitenden Ebenen im Gehirn kommen.
Auch genetische Ursachen können einer solchen Störung zugrunde liegen. Darüber hinaus ist oft auch eine (häufige oder vorübergehende) Beeinträchtigung des Hörens durch Mittelohrentzündungen der Grund für die falsche Aussprache. Häufig sind es aber gleich mehrere Auslöser, die für eine Sprachstörung verantwortlich sind.
Behandlung
Um die phonetische Sprachstörung zu behandeln, ist eine logopädische Therapie notwendig. Die Therapie wird für jeden Fall ganz individuell geplant. Bei der Planung der werden unter anderem das Alter des Patienten, sowie die Art und Ausprägung der Sprachstörung berücksichtigt.
Bei Kindern werden zu Beginn der Therapie häufig Gegenstände oder Symbole ausgewählt, die jeweils mit den Lauten in Verbindung gebracht werden, durch die sich die Sprachstörung äußert. Auf dieser Grundlage wird nun versucht, die Symbole mit den richtigen Lauten in Verbindung zu bringen.
Im Verlauf der Therapie arbeitet sich der Logopäde mit dem Patienten dann von den Lauten zu vollständigen Sätzen vor. Ziel ist es, dass der Patient dazu in der Lage ist, stets korrekte Laute zu bilden.
Lexikalische Sprachstörung beim Kind
Hinter einer lexikalischen Sprachstörung verbirgt sich die Unfähigkeit von Kindern, die richtigen Wörter zu finden. Das Kind verfügt nur über einen begrenzten Wortschatz; ihm fehlen also buchstäblich die Worte.
Ferner ist die Fähigkeit eingeschränkt, bestimmte Wörter in einen Zusammenhang zu bringen. So können beispielsweise Dinge wie ein Ball oder ein Spatz nicht den Oberbegriffen Spielzeug und Vogel zugeordnet werden. Deswegen verwenden die Kinder mit einer lexikalischen Sprachstörung häufig sehr unspezifische Wörter (zum Beispiel "Dings" oder "das da").
Ursachen
Auch für diese Sprachstörung kann es ganz unterschiedliche Ursachen geben. So können zum Beispiel eine Wahrnehmungsstörung oder ein schlechtes Hörvermögen der Grund dafür sein, dass das Kind nicht die richtigen Worte findet.
Es kann aber auch sein, dass das Kind Probleme mit dem Gedächtnis oder mit der Konzentration hat. Darüber hinaus kann die mangelnde Interaktion mit der Umwelt (Kontakt mit Menschen, fehlende Kommunikation und daraus resultierende Spracherfahrung) der Grund für den geringen Wortschatz eines Kindes sein.
Behandlung
Bei einer lexikalischen Sprachstörung ist eine Behandlung durch einen Logopäden sinnvoll. Dieser kann gezielt mit dem Kind arbeiten.
Aber auch die Eltern können ihrem Kind bei der Überwindung der Sprachstörung helfen, indem sie viel mit ihrem Kind reden. Es ist zum Beispiel sinnvoll, wenn in Gegenwart des Kindes bestimmte Handlungen immer wieder kommentiert werden (zum Beispiel "Ich setze mich an den Tisch." oder "Du nimmst den Ball.").
Und wenn das Kind ein Wort nicht finden kann, dann kann man es dazu ermutigen, den Begriff zu umschreiben indem man es gezielt befragt (zum Beispiel "Ist es rund?", "Kann man es essen?").
Dysgrammatismus (morphologisch-syntaktische Störung)
Bei dieser Sprachstörung sind die Kinder nicht dazu imstande, die Sätze in der richtigen grammatikalischen Form zu bilden.
Es ist völlig normal, dass Kinder, die gerade das Sprechen erlernen, grammatikalische Fehler machen. Vor allem in den ersten drei Lebensjahren ist davon auszugehen, dass die Kinder noch viele Fehler machen.
Darüber hinaus entwickelt sich das Sprachvermögen bei jedem Kind in einer ganz individuellen Geschwindigkeit. Dabei kommt es auf die persönlichen Anlagen des Kindes an.
Bei der Sprachentwicklung spielt aber auch die Förderung (Sprachanregung) eine große Rolle. Auf diese Weise sollte ein Kind normalerweise dazu in der Lage sein, spätestens im Alter von fünf Jahren grammatikalisch korrekte Sätze zu bilden. Kleinere Fehler im Satzbau oder bei der Wortbildung sind auch hier noch kein Problem.
Unterscheidet sich der Satzbau jedoch gravierend von dem gleichaltriger Kinder, dann kann es sich um einen Dysgrammatismus handeln.
Symptome
Die Sprachstörung äußert sich in der Regel durch grammatikalische Fehler in der Satzkonstruktion. So werden beispielsweise Sätze wie "Papa ist heim gekommt." oder "Ich will der Puppe haben" gebildet. Auch werden häufig die falschen Artikel vor Begriffe gesetzt und/oder Einzahl und Mehrzahl verwechselt (der Haus, die Auto oder das Hunde).
Ursachen
Die Sprachstörung kann durch unterschiedliche Faktoren verursacht werden. So können zum Beispiel ein frühkindlicher Hirnschaden (beispielsweise durch einen Unfall) oder eine geistige Entwicklungsstörung ein Auslöser sein. Ferner kommen
- ein Hörschaden, Aufmerksamkeitsstörungen (Konzentrationsschwäche)
- erbliche Faktoren
- Kontaktstörungen
- psychische Erkrankungen
- oder mangelnde Sprachförderung oder Sprachanregung
als Ursachen infrage. In vielen Fällen sind es auch mehrere Faktoren, die im Zusammenspiel zu einer solchen Sprachstörung oder Sprachentwicklungsstörung führen können.
Behandlung
Zur Behandlung ist eine logopädische Therapie empfehlenswert. Der Logopäde wird zunächst einmal feststellen, wo genau die Probleme liegen und wie stark die Ausprägung der Störung ist.
Da eine Sprachstörung ebenso individuell ist, wie das Kind, wird eine Therapie ebenfalls ganz individuell aufgebaut. Nach der genauen Analyse der Sprachstörung wird der Therapeut so lange mit dem Kind an seiner Sprachentwicklung arbeiten, bis es selbstständig grammatikalisch richtige Sätze bilden kann.
Mit einer Therapie sollte beim Kind möglichst früh begonnen werden. Denn je nach Schwere der Ausprägung kann eine Therapie sogar über mehrere Jahre in Anspruch nehmen.
Die Behandlung sollte aber auf jeden Fall so lange fortgesetzt werden, bis keine Symptome mehr erkennbar sind. Denn sollte das Kind noch Symptome zeigen, so wird es in seiner schulischen Laufbahn unweigerlich Schwierigkeiten bekommen.
Pragmatische Störung bei Kindern
Bei einer pragmatischen Störung handelt es sich um eine sehr komplexe Sprachstörung. Hinter dem Begriff "Pragmatik" verbirgt sich die Fähigkeit, das gesprochene Wort mit der Mimik des Gegenübers in einen Zusammenhang zu bringen.
Fehlt diese Fähigkeit, dann kann zum Beispiel der Sinn eines Gesprächs nicht richtig verstanden werden. Außerdem können dadurch oft Pointen oder Humor nicht erkannt und verstanden werden. Gleiches gilt für Fragen, die nicht beantwortet werden können, weil der Sinn (der Inhalt) der Frage nicht richtig erfasst werden kann.
Normalerweise erlernen Kinder all diese Fähigkeiten im Laufe ihrer persönlichen Entwicklung. Das Tempo dieser individuellen Entwicklung ist hierbei sehr unterschiedlich. So lernen es zum Beispiel einige Kinder früher, Fragen zu stellen, auf Fragen zu antworten, selbst ein Gespräch zu initiieren oder sich frei zu äußern (zu ihren Vorlieben oder Dingen, die sie nicht mögen).
Symptome
Bei Kindern mit einer pragmatischen Störung ist das nicht der Fall. Sie haben grundsätzlich ein großes Problem damit, mit ihrer Umwelt in Kontakt zu treten. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die betroffenen Kinder keinen Blickkontakt zu ihren Gesprächspartnern aufbauen oder dass sie nur eine sehr eingeschränkte Mimik oder Gestik während eines Gesprächs zeigen.
Zudem zeigen Kinder mit einer pragmatischen Störung nur wenig Interesse an Gesprächen, sie haben eine sehr geringe Aufmerksamkeitsspanne und sie vermeiden in der Regel das Gespräch mit anderen.
Des Weiteren ist bei einer pragmatischen Störung häufig zu beobachten, dass die betroffenen Kinder einzelne Wörter oder Phrasen oft wiederholen oder nachsprechen (Echolalie).
Ursache
Die Ursache für eine solche Störung kann zum Beispiel in einer autistischen Grunderkrankung liegen. Zudem kann diese Störung als Folge einer anderen Sprachentwicklungsstörung auftreten.
Behandlung
Als Behandlung ist eine logopädische Therapie angezeigt. Da eine solche Störung unterschiedliche Ursachen haben kann, die Störung unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann und jedes Kind einen einzigartigen Charakter hat, wird vor dem Beginn der eigentlichen Therapie ein ausführliches Gespräch mit den Eltern (Anamnese) geführt.
Hierin wird zum Beispiel erfragt, wie die sprachliche Entwicklung des Kindes vorangeschritten ist und welche sozialen Kontakte es pflegt.
Auch die aktuellen Lebensumstände des Kindes werden von den Therapeuten als wichtiger Ansatzpunkt für die Planung der Therapie erfragt. Danach tritt der Therapeut mit dem Kind in Kontakt. Dieses wird zunächst beim freien Spielen beobachtet, bevor das Gespräch mit dem Kind gesucht wird.
In dieser Spiel- und Gesprächssituation kann der Therapeut erkennen, wie das Kind spricht, was es spricht und wie es sich dabei verhält. Auf dieser Grundlage werden dann die Therapiepläne erarbeitet, die natürlich entsprechend der Entwicklung des Kindes immer wieder neu ausgearbeitet werden.
Aphasie
Bei einer Aphasie handelt es sich um eine besonders tückische Form der Sprachstörung. Normalerweise ist es bei einer Sprachstörung so, dass die Sprache nicht richtig erlernt oder nicht richtig angewendet werden kann.
Bei einer Aphasie ist das jedoch ganz anders. Die Sprache wird zunächst normal erworben. Erst dann tritt in der Regel ein Ereignis ein, durch das die Fähigkeit, Sprache anzuwenden teilweise oder ganz verloren geht.
Da sich das Sprachzentrum des Menschen in der linken Gehirnhälfte befindet, kann man davon ausgehen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine Schädigung dieses Bereichs auftritt. Das kann zum Beispiel durch
- eine Tumorerkrankung,
- einen Unfall
- ein Gehirntraumata oder
- eine Hirnhautentzündung
passieren. Durch diese oder ähnliche Ereignisse kann das entsprechende Hirnareal derart geschädigt werden, dass die Sprache nicht mehr richtig angewendet werden kann.
Vier Formen der Aphasie
Die Medizin unterscheidet zwischen vier verschiedenen Formen der Aphasie (Globale, Broca, Wernicke, Amnestische). Die schwerste Form der Aphasie ist die Globale Aphasie. Bei der schwersten Form können die Betroffenen nur noch selten spontan Wörter sprechen oder nachsprechen. Auch das Verstehen, Lesen und Schreiben ist den Betroffenen nur noch schwer möglich.
Bei der Wernicke-Aphasie ist es hingegen so, dass die betroffenen Kinder durchaus flüssig sprechen können. Allerdings verwechseln sie häufig Wörter oder verdrehen diese. Das macht eine Unterhaltung mit den Betroffenen wiederum sehr schwer.
Behandlung
Eine Sprachtherapie ist betroffenen Kindern unbedingt zu empfehlen. Die Therapie sollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt begonnen werden. Außerdem sollte eine Therapie nach Möglichkeit mehrmals in der Woche stattfinden.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass der Therapiezeitraum insgesamt relativ lange ist (mindestens ein Jahr). Da eine Aphasie sich durch ganz unterschiedliche Symptome äußern kann, die darüber hinaus oftmals nicht eindeutig einer bestimmten Form zuzuordnen sind, werden die Therapeuten vor dem Beginn der Behandlung stets eine genaue Diagnose erstellen, um daraufhin einen individuellen Behandlungsplan ausarbeiten zu können.
Sprachentwicklungsstörung
Es gibt Kinder, die beginnen schon erstaunlich früh damit, Wörter mehr oder weniger deutlich nachzuplappern. Bei anderen Kindern entwickelt sich die Sprache hingegen etwas langsamer. Und wieder andere Kinder hinken in ihrer Sprachentwicklung ihren Altersgenossen meilenweit hinterher. Dahinter kann sich eine Sprachentwicklungsstörung verbergen.
Symptome
Hinter einer Sprachentwicklungsstörung verbirgt sich die zeitlich verzögerte Entwicklung von Sprache oder ein anderer Ablauf in der Entwicklung der Sprache. Es gibt zahlreiche Merkmale, an denen Eltern schon recht früh erkennen können, dass ihr Kind an einer solchen Störung leiden.
- Im Verlauf ihres ersten Lebensjahres kommen Kinder normalerweise in die Lallphase. Geschieht dies nicht oder "verstummen" die Kinder, nachdem sie eigentlich schon in der Lallphase waren, dann kann das ein Hinweis auf eine Störung sein.
- Auch die Tatsache, dass ein Kind, wenn es angesprochen wird, keinen Blickkontakt aufnimmt, kann ein Hinweis sein.
- Liegt eine Störung vor, dann kann das Kind im Alter von einem Jahr noch keine ersten Worte sprechen und es versteht einfache Aufforderungen der Eltern nicht.
- Im zweiten Lebensjahr scheint das Kind ebenfalls noch nicht zu verstehen, was ihm die Eltern mitteilen wollen. Zudem kann es weniger als 50 Wörter sprechen und es kann keine Zweiwortsätze (zum Beispiel "Mama da") bilden.
- Im dritten Lebensjahr ist das Verständnis für das gesprochene Wort ebenfalls kaum ausgeprägt und einfache Geschichten können nicht verstanden werden. Das Kind ist nicht dazu in der Lage, einfache Dreiwortsätze (zum Beispiel "Mama komme her") zu bilden.
- Und auch im Alter von vier Jahren können betroffene Kinder oft nur sehr undeutlich sprechen und machen viele grammatikalische Fehler.
Diese Sprachentwicklungsstörung kann sich später auch auf die schulischen Leistungen negativ auswirken. Viele betroffene Kinder entwickeln dann auch eine Lese- und Rechtschreibschwäche.
Abgesehen von der Sprachentwicklungsstörung entwickeln sich die Kinder oft altersgerecht. Auch die geistige Leistungsfähigkeit ist bei diesen Kindern nicht eingeschränkt.
Ursachen
Die Ursachen für eine Sprachentwicklungsstörung können recht verschieden sein. Genetische (vererbte oder angeborene) Störungen im Gehirn können ebenso ein Auslöser dafür sein, wie psychische Schädigungen (zum Beispiel durch negative Erfahrungen), eine mangelnde sprachliche Anregung oder medizinische Gründe (zum Beispiel geistige Behinderung oder einen Innenohrschwerhörigkeit).
Behandlung
Durch eine sprachtherapeutische Behandlung kann die Störung in vielen Fällen wieder behoben werden, sodass der Rückstand in der Sprachentwicklung aufgeholt werden kann. Dazu ist es wichtig, dass die Störung früh erkannt wird.
Die Art, die Dauer und der Umfang der Therapie hängen ganz davon ab, wie stark die Störung ausgeprägt ist. Logopädische Behandlungen sind besonders effektiv, wenn sie dreimal pro Woche stattfinden. Zudem bekommen die Eltern von den Logopäden Übungen beigebracht, die sie mit ihrem Kind daheim durchführen können.
Störung der Schriftsprache
Bei einer Störung der Schriftsprache kann das Kind das gesprochene Wort nicht in Schrift umwandeln. Auch bei der umgekehrten Abfolge hat das Kind Probleme. Bei dieser Störung spricht man auch von einer Lese- und Rechtschreibschwäche. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen Mangel an Intelligenz, sondern um eine vermutlich anlagebedingte Störung.
Symptome
Die Störung äußert sich unter anderem dadurch, dass die betroffenen Kinder zum Beginn des Erwerbs der Schriftsprache Probleme beim Aufsagen des Alphabets haben. Das Ganze setzt sich dann mit dem sehr stockenden Lesen fort.
Außerdem werden beim Lesen immer wieder Buchstaben vertauscht oder ausgelassen. Zusammenhänge können nicht aus dem Text extrahiert werden und in eigenen Worten nacherzählt oder zusammengefasst werden.
Auch beim Schreiben hat das Kind massive Probleme. Es kann das Gehörte (zum Beispiel bei einem Diktat) nicht richtig in das geschriebene Wort umsetzen. Zudem werden die gleichen Wörter immer wieder anders falsch geschrieben. Selbst wenn das Kind einen Text abschreiben soll, macht es viele Fehler.
Ursachen
Da die Ursache vermutlich in einer mangelnden Vernetzung in bestimmten Bereichen des Gehirns zu suchen ist, sollte man betroffene Kinder fördern, sodass sich neue Vernetzungen im Gehirn bilden können, die diese Störung ausgleichen. Dabei ist es wichtig, das Kind nicht zu überfordern oder gar unter Druck zu setzen.
Denn die schulischen Misserfolge (zum Beispiel beim Vorlesen) nagen ohnehin am Selbstbewusstsein des Kindes und können zu schweren Versagensängsten oder Schulangst führen.
Behandlung
Je früher eine solche Störung erkannt wird, desto größer ist im Übrigen die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder trotz dieser Schwäche mithilfe einer Therapie im Laufe ihrer Schullaufbahn noch ein durchschnittliches Niveau in der Schriftsprache erreichen.
- Symptome verstehen - Interpretation klinischer Zeichen (KlinikPraxis), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2019, ISBN 3437439804
- Die Botschaft deines Körpers: Die Sprache der Organe, mvg Verlag, 2004, ISBN 9783868822311
- Was Dir Deine Krankheit sagen will: Aktiviere die Heilkraft deiner Seele, mvg Verlag, 2005, ISBN 9783636070968
- Krankheit als Symbol: Ein Handbuch der Psychosomatik. Symptome, Be-Deutung, Einlösung., C. Bertelsmann Verlag, 1996, ISBN 3570122654
- Kinderkrankheiten: Alles, was wichtig ist, GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2016, ISBN 3833844566
- Kinderkrankheiten: Das Standardwerk für Kinder von 0 bis 16 Jahren, GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH, 2013, ISBN 9783833829093
- Gesundheit heute: Krankheit - Diagnose - Therapie: das Handbuch, TRIAS, 2014, ISBN 9783830481164
- Krankheiten auf einen Blick erkennen: Antlitz- und Körperdiagnose sowie weitere Techniken, um Menschen ganzheitlich zu erfassen, mvg Verlag, 2013, ISBN 3868824499
- Basislehrbuch Innere Medizin: kompakt-greifbar-verständlich, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437411152
- Netter's Innere Medizin, Thieme Verlagsgruppe, 2000, ISBN 3131239611
- Differentialdiagnose der medizinisch-klinischen Symptome. Lexikon der klinischen Krankheitszeichen und Befunde., UTB, 1994, ISBN 3825280667
- Praxisleitfaden Allgemeinmedizin: Mit Zugang zur Medizinwelt (Klinikleitfaden), Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437224476
- Innere Medizin 2019, 2018, ISBN 398146608X
- Innere Medizin 2020, 2019, ISBN 3981466098
- Differenzialdiagnose Innerer Krankheiten: Vom Symptom zur Diagnose, Thieme, 2017, ISBN 3133448218
- Kursbuch Gesundheit: Gesundheit und Wohlbefinden. Symptome und Beschwerden. Krankheiten. Untersuchung und Behandlung, Kiepenheuer&Witsch, 2006, ISBN 3462035932
- Repetitorium für die Facharztprüfung Innere Medizin: Mit Zugang zur Medizinwelt, Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017, ISBN 3437233165
- Krankheit als Weg: Deutung und Bedeutung der Krankheitsbilder, Bassermann Verlag, 2008, ISBN 3809423777
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