Taubheit - Ursachen und Behandlung

Taubheit hat viele Ursachen. In wenigen Fällen kann sich die Taubheit wieder zurückbilden.

Von Claudia Haut
Klassifikation nach ICD-10: H90 H91
ICD-10 ist ein weltweit verwendetes Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Der sogenannte ICD-Code ist zum Beispiel auf einem ärztlichen Attest zu finden.

Taubheit wird auch als Gehörlosigkeit bezeichnet. Gemeint ist damit eine starke Schwerhörigkeit oder ein vollständiger Gehörverlust. In der Medizin unterscheidet man zwischen zwei Arten von Gehörlosigkeit:

  • der praktischen Taubheit und
  • der absoluten Taubheit.

Bei einer praktischen Taubheit können die betroffenen Personen noch verschiedene Geräusche und Töne wahrnehmen, Sprache verstehen sie jedoch nicht mehr. Im Falle einer absoluten Taubheit sind die Betroffenen nicht mehr in der Lage, Laute zu hören.

Ursachen

Besteht eine Taubheit auf einem Ohr, so hat der Patient eine angeborene oder erworbene Schädigung in diesem Ohr. Ist diese Schädigung angeboren, so kann sie auch vererbt sein. In einigen Familien kommt die Taubheit gehäuft vor.

Zu den möglichen Ursachen der erworbenen Schädigung zählen zum Beispiel

Während der Schwangerschaft

Verhält sich eine schwangere Frau während der Schwangerschaft falsch (z.B. Drogen, Alkohol) oder erkrankt während dieser Zeit zum Beispiel an Röteln, so kann auch dies eine massive Schädigung des Ohres zur Folge haben und das ungeborene Baby ist bereits taub.

Erkrankungen

Menschen, die unter einer chronischen Entzündung des Mittelohrs leiden, können auf diesem Ohr ebenfalls taub werden. Auch Krankheiten wie Masern oder Mumps können eine Taubheit zur Folge haben, ebenso

Schallleitungsstörung

Die Schallleitungsstörung ist eine Form der Schwerhörigkeit, bei der es durch mechanische Hemmnisse zu einer Verminderung der Schallübertragung kommt. Hier rührt der Schaden im äußeren Ohr oder im Mittelohr. Ursachen der Taubheit können hier zum Beispiel

sein.

Schallempfindungsstörung

Bei der Schallempfindungsstörung liegt der Schaden eher im Innenohr oder bei den Nervenbahnen, die das Ohr mit dem Gehirn verbinden. Besonders die Schallleitungsstörung lässt sich meist sehr leicht operativ beheben und so erlangen Patienten ihr Gehör innerhalb kürzester Zeit zurück. Doch auch moderne Medikamente können eine Verbesserung der Taubheit herbeiführen.

Folgen

Die Folgen der Taubheit hängen auch von dem Verlauf der Gehörlosigkeit ab. Besteht die Taubheit zum Beispiel lediglich auf einem Ohr, führt dies bei Kindern nicht immer zu Beeinträchtigungen ihrer Sprachentwicklung, wie dies bei einer beidseitigen Taubheit der Fall ist. Auch sind die Auswirkungen auf das Erwerben der Sprache vom Zeitpunkt der Gehörlosigkeit abhängig.

Ist die Taubheit bereits angeboren, kann das betroffene Kind keine normale Sprache entwickeln. Zeigt sich die Gehörlosigkeit erst nach dem siebten Lebensjahr, verfügt das Kind dagegen weiterhin über seinen Wortschatz. Häufig auftretende Probleme durch Gehörlosigkeit sind Schwierigkeiten in der Schule und im Straßenverkehr.

Eine erworbene Gehörlosigkeit kündigt sich oft schleichend an. Zu den Symptomen eines Hörverlustes gehört, dass die betroffenen Personen Töne und Geräusche nicht mehr wahrnehmen können und daher auch nicht auf entsprechende Reize reagieren, wodurch die Kommunikation mit anderen Menschen immer schwieriger wird.

Die ersten Anzeichen eines Hörverlustes werden jedoch nicht von den Betroffenen selbst, sondern von deren Mitmenschen bemerkt. So spricht man sie darauf an, ob sie schwerhörig sind oder nicht richtig zuhören.

Manchmal beschweren sich auch die Nachbarn darüber, dass der Fernseher oder das Radio zu laut sind. Der Betroffene selbst empfindet die Lautstärkeregelung am TV-Gerät oder an der Stereoanlage dagegen oftmals als zu leise.

Außerdem haben Schwerhörige Probleme damit, Gesprächen zu folgen, da sie einzelne Konsonanten nicht mehr richtig verstehen können oder sie verwechseln. Manche Betroffene gehen auch unbewusst dazu über, Worte von den Lippen des Gesprächspartners abzulesen.

Auch beim Telefonieren haben sie oft Probleme, alles richtig zu verstehen. Letztlich werden durch Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit die sozialen Kontakte, aber auch die beruflichen Chancen der Betroffenen stark eingeschränkt.

Wann zum Arzt?

Besteht bei einem Kind der Verdacht, dass es unter Hörstörungen leidet, sollte so rasch wie möglich ein Arzt aufgesucht werden. Durch frühzeitiges Feststellen der Gehörlosigkeit lässt sich das Leben des betroffenen Kindes mithilfe von Hörgeräten oder das Erlernen der Gebärdensprache zumindest erleichtern.

Diagnose

Das Gehör eines neugeborenen Kindes wird bereits nach dessen Geburt mit Hörtests untersucht. Auch im Rahmen der Früherkennungs-Untersuchungen finden Tests des Gehörs statt.

Auf diese Weise ist es möglich, Gehörlosigkeit rasch zu erkennen und eine entsprechende Behandlung vorzunehmen. Zum Feststellen von Hörschäden stehen verschiedene Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Neben der angeborenen Taubheit kommt es häufig zur Taubheit durch Beschädigung des Hörorgans. Erste Anzeichen von Schwerhörigkeit werden häufig von Betroffenen ignoriert und so verstärkt sich die Schwerhörigkeit oft schnell bis hin zur Taubheit. HNO-Ärzte beklagen, dass Patienten häufig sehr spät eine Diagnose erstellen lassen und somit eine vollständige und irreparable Taubheit in Kauf nehmen.

Messung von otoakustischen Emissionen

Durch die Messung von otoakustischen Emissionen (OAE) ist es möglich, Schädigungen an den äußeren Innenohrhaarzellen zu diagnostizieren. Da das Verfahren als objektiv gilt, eignet es sich auch zur Untersuchung von Kindern.

Objektiver Hörtest

Zur Untersuchung des Hörnervs dient der objektive Hörtest (BERA). Mithilfe des Tests kann das Hörvermögen objektiv wiedergegeben werden.

Promontorialtest

Mit einem Promontorialtest überprüft man die Funktionsfähigkeit des Hörnervs. Zur Anwendung kommt das Verfahren allerdings meist nur, wenn dem Betroffenen eine Innenohrprothese eingepflanzt werden soll.

Weitere Untersuchungen

Als weitere Untersuchungsmethoden eignen sich eine Computertomographie (CT) sowie eine Magnetresonanztomographie (MRT). Diese dienen zum Nachweis von anatomischen Veränderungen am Hörnerv oder an der Cochlea (Hörschnecke).

Außerdem sind eine Gleichgewichtsprüfung, um eine Beteiligung des Gleichgewichtsorgans auszuschließen, sowie eine neurologische Untersuchung zur Überprüfung des Nervensystems möglich.

Behandlung

In etlichen Fällen kann eine Taubheit des Ohres heutzutage behandelt werden. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, ob der Hörnerv, der sich im Ohr befindet, intakt ist oder nicht.

Ist dieser Nerv in Ordnung, so kann durch eine Operation ein so genanntes Cochlea-Implantat in das Ohr eingesetzt werden. Dieses implantierte Gerät ermöglicht dem tauben Patienten wieder zu hören. Allerdings ist das Gehörte nicht vergleichbar mit dem Hören auf einem gesunden Ohr.

Kann der Patient noch ein wenig hören und ist somit noch nicht vollständig taub, so kann ein Hörgerät verwendet werden. Taube Menschen lernen so früh wie möglich die Gebärdensprache, um sich mit anderen Menschen durch Zeichensprache unterhalten zu können.

Selbsttherapie

Gegen Taubheit bzw. Gehörlosigkeit gibt es leider keine Selbstbehandlungsmaßnahmen. So sind die Betroffenen entweder auf einem Ohr oder auf beiden Ohren nicht mehr in der Lage, Töne wahrzunehmen.

Ist eine Gehörlosigkeit bereits angeboren, was bei etwa 15 Prozent aller Betroffenen der Fall ist, lässt sich dies durch Früherkennungs-Untersuchungen feststellen, sodass entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können. In den meisten Fällen verläuft der Gehörverlust jedoch schleichend. Normalerweise lässt sich eine Taubheit nicht mehr rückgängig machen.

Vorbeugung

Einer vererbten Taubheit vorzubeugen, ist prinzipiell leider nicht möglich. Immerhin besteht die Option, bestimmten auslösenden Faktoren entgegenzuwirken. Auch bei schwangeren Frauen lassen sich entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen, damit das Gehör des ungeborenen Kindes nicht geschädigt wird.

Durch Schutzimpfungen ist es möglich, Risikofaktoren wie Infektionskrankheiten zu bekämpfen. Als wirksame Vorbeugemaßnahme gegen eine erworbene Gehörlosigkeit gilt das Vermeiden von starkem Lärm. Zu diesem Zweck kann ein Hörschutz zum Einsatz kommen.

Während der Schwangerschaft gilt es, auf Risikofaktoren wie die Einnahme von bestimmten Medikamenten oder den Genuss von Tabak und Alkohol zu verzichten.

Schon bei kleinen Kindern sollte darauf geachtet werden, dass das Ohrenschmalz regelmäßig vorsichtig entfernt wird und auch Kleinteile von den Ohren ferngehalten werden.

Gemieden werden sollte zudem ein hoher Geräuschpegel, egal ob durch laute Spielsachen, dauerhafte Musikberieselung oder Lärm durch Maschinen und Co, da dies alles zur Schädigung des Trommelfels führen kann und diese Schädigungen zum Teil irreparabel sind.

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