Trockene Augen (Keratoconjunctivitis sicca)
Trockene Augen, medizinisch Keratoconjunctivitis sicca, treten sehr häufig auf. Durch die unzureichende Benetzung der Augen mit Tränenflüssigkeit kommt es zu Beschwerden wie Augenjucken, Augenrötung oder einem Fremdkörpergefühl im Auge. Betroffen sind häufig ältere Menschen, bei denen die Herstellung der Augentränen altersbedingt abgenommen hat. Aber auch Computerarbeit, Heizungsluft und viele andere Umwelteinflüsse können die Ursache einer Keratoconjunctivitis sicca sein. Mehr zu den Ursachen und wie man trockene Augen behandeln kann, lesen Sie in diesem Artikel.
Die Augenheilkunde bezeichnet trockene Augen auch als Keratoconjunctivitis sicca (KCS). Die lateinische Bezeichnung siccus bedeutet "trocken". Dabei kommt es zu Augentrockenheit, die von weiteren Beschwerden wie Augenrötungen, Augenbrennen sowie einem Fremdkörpergefühl begleitet wird. Grund dafür sind Fehlfunktionen des Tränenfilms.
Der Begriff Keratoconjunctivitis sicca geht auf den schwedischen Augenarzt Henrik Sjögren (1899-1986) zurück, als er zu Beginn der 30er Jahre das Sjögren-Syndrom (SSI) erforschte, das auch unter der Bezeichnung Sicca-Syndrom bekannt ist. Zu eben diesem Syndrom zählt unter anderem die Augentrockenheit.
Mehr über das Sicca-Syndrom erfahren Sie in unserem Artikel Sjögren-Syndrom (Sicca-Syndrom) - Ursachen, Symptome und Behandlung.
Häufigkeit der Keratoconjunctivitis sicca
Bei der Augentrockenheit handelt es sich um eine der am häufigsten vorkommenden Beschwerdebilder der Augenmedizin. Das Erkrankungsrisiko steigt mit zunehmenden Lebensalter. Insgesamt sind ca. 15 bis 17 Prozent der Bevölkerung von einer Keratoconjunctivitis sicca betroffen. Daher wird sie auch als Volkskrankheit eingestuft.
Frauen leiden häufiger unter trockenen Augen als Männer. So steigt das Risiko für eine Keratoconjunctivitis sicca durch die weiblichen Geschlechtshormone.
Formen der Keratoconjunctivitis sicca
Bei der Keratoconjunctivitis sicca gilt es, zwischen zwei unterschiedlichen Formen zu unterscheiden. Dies sind die Tränenflüssigkeitsmangel-Keratoconjunctivitis sicca sowie die evaporative Keratoconjunctivitis sicca. Letztere tritt häufiger auf. Sie entsteht durch eine beschleunigte Verdunstung der Augentränen, weil eine schlechte Tränenqualität vorliegt. Bei der Tränenflüssigkeitsmangel-Keratoconjunctivitis sicca liegt dagegen ein inadäquates Tränenvolumen vor.
Tränenflüssigkeits-Keratoconjunctivitis
Von einer Tränenflüssigkeitsmangel-Keratoconjunctivitis sicca sind in erster Linie Frauen während der Menopause betroffen. Darüber hinaus stellt sie ein Symptom des Sicca-Syndroms dar. Außerdem zeigt sie sich im Rahmen eines systemischen Lupus erythematodes oder einer rheumatoiden Arthritis.
In seltenen Fällen kann sie auch die Folge von Erkrankungen sein, durch die das Tränengewebe vernarbt, wie bei einem Trachom oder Pemphigoid. Mitunter sind auch Schädigungen oder Funktionsstörungen der Tränendrüsen für diese Keratoconjunctivitis-sicca-Form verantwortlich.
Evaporative Keratoconjunctivitis sicca
Bei der evaporativen Keratoconjunctivitis sicca herrscht eine ungewöhnlich rasch voranschreitende Verdunstung des Tränenfilms vor. Grund dafür ist eine inadäquate Ölschicht, die sich auf der Tränenschicht bildet. Zusätzlich leiden die Patienten oftmals unter Rosazea.
Manchmal entsteht die evaporative Keratoconjunctivitis sicca auch durch den Umstand, dass sich das Auge während des nächtlichen Schlafes nur unzureichend schließt. Auch bei der Parkinson-Krankheit werden oftmals nur unzureichend Tränen auf die Hornhaut des Auges aufgetragen.
Ursachen für trockene Augen
Die Ursachen für trockene Augen sind mannigfaltig. Meist sind äußere Einflüsse für sie verantwortlich. So wird die Keratoconjunctivitis sicca häufig durch langes Arbeiten an Computer-Bildschirmen hervorgerufen. Grund dafür ist eine deutliche Abnahme der Lidschlagfrequenz. Aber auch Umweltfaktoren wie trockene Heizungsluft, Luftzüge von Autogebläsen oder Klimaanlagen sowie der Rauch von Tabakwaren führen nicht selten zu Augentrockenheit. Gleiches gilt für das regelmäßige Tragen von Kontaktlinsen.
Von Bedeutung sind ferner biologische Ursachen. So nimmt die Herstellung der Augentränen mit zunehmendem Lebensalter stetig zu. Daher sind vor allem Menschen, die älter als 40 Jahre sind, von einer Keratoconjunctivitis sicca betroffen. Darüber hinaus bewirken die weiblichen Geschlechtshormone sowie Hormonersatztherapien das Entstehen von trockenen Augen.
Mitunter können auch bestimmte Medikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS), Anti-Allergika, Betablocker, Kortikoide, Neuroleptika oder Antidepressiva für eine Keratoconjunctivitis sicca ursächlich sein.
Darüber hinaus gelten verschiedene Erkrankungen oder Störungen als Auslöser trockener Augen:
- Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
- Sjögren-Syndrom (Sicca-Syndrom)
- Rheuma
- Schilddrüsen-Erkrankungen
- Virusinfektionen
- Entzündliche Erkrankungen der Gefäße
- Schädigungen der Nerven wie eine Trigeminusneuralgie oder Fazialisparese
- Mangel an Vitamin A
- Allergien
- Rosazea
- Blepharitis (Lidrandentzündung)
- Operative Eingriffe am Auge wie eine Katarakt-Operation, Lasik oder refraktive Chirurgie
Symptome der Keratoconjunctivitis sicca
Eine Keratoconjunctivitis sicca wird oftmals von Beschwerden wie Augenbrennen oder Juckreiz begleitet. Außerdem verspüren die meisten Patienten ein ziehendes Fremdkörpergefühl oder glauben, Sand im Auge zu haben. Bei manchen Betroffenen treten zusätzlich verschwommenes Sehen, stechende Augenschmerzen oder Ermüdung auf. Nach intensiven Reizungen des Auges setzt mitunter eine regelrechte Tränenflut ein.
Es gibt bestimmte Einflüsse, die die Beschwerden bei Augentrockenheit noch verschlimmern:
- Wind
- Trockene oder staubige Umgebung
- Rauch
- Längere Anstrengungen durch Computerarbeit, Fernsehen, Lesen oder Autofahren
- Dehydrierung
- Einnahme von bestimmten Arzneimitteln
Ist es dagegen regnerisch, kalt oder neblig bzw. eine hohe Luftfeuchtigkeit vorhanden, führt dies oft zur Besserung der Beschwerden. Zu dauerhaften Stehstörungen kommt es nur selten.
Diagnose der Keratoconjunctivitis sicca
Führen die Augenbeschwerden die betroffene Person zu einem Augenarzt, erkennt dieser deren Grund häufig sehr schnell. Um die Diagnose zu bestätigen, lassen sich verschiedene Testverfahren durchführen. Dazu zählen vor allem der Schirmer-Test sowie das Beurteilen der Tränenfilmaufrisszeit.
Schirmer-Test
Im Rahmen des Schirmer-Tests platziert der Augenarzt einen kleinen Streifen aus Filterpapier im Auge des Patienten. Nach einer Wartezeit von fünf Minuten ermittelt der Augenmediziner den Umfang der Streifenbefeuchtung. Auf diese Weise kann die Menge der abgegebenen Tränenflüssigkeit festgestellt werden.
Tränenfilmaufrisszeit
Bei diesem Verfahren wird die Tränenflüssigkeit mit Fluorescein, einem fluoreszierenden Farbstoff, eingefärbt. Mit einer Spaltlampe untersucht der Augenarzt, wie rasch der Tränenfilm sich im Anschluss an das Augenöffnen aufreißt. Ist das Auge gesund, dauert dieser Vorgang wenigstens zehn Sekunden. Bei einem trockenen Auge ist der Ablauf jedoch kürzer.
In ausgeprägten Fällen lassen sich zusätzlich Rheumafaktoren bestimmen, ein Abstrich der Bindehaut entnehmen oder eine Durchuntersuchung samt Hormonstatusbestimmung vornehmen.
Therapie der Keratoconjunctivitis sicca
Zu den wichtigsten Therapieoptionen zur Behandlung einer Keratoconjunctivitis sicca gehört die Gabe von Tränenersatzmitteln. Diese werden in Form von Augentropfen oder Augengel verabreicht. Durch die künstlichen Tränen lässt sich meist eine Linderung der Beschwerden erzielen. In den Tränenersatzmitteln sind Tränenfilmbildner enthalten, durch die sich die Tränenfilmaufrisszeit verlängern lässt. Durch die wiederholte Gabe der Augentropfen in das trockene Auge wird die fehlende Augenflüssigkeit ersetzt. Ebenso ist es möglich, die Benetzung der Oberfläche der Hornhaut zu verbessern.
Von der Verträglichkeit des Patienten hängt es ab, ob dünnflüssige Augentropfen oder zählflüssiges Augengel effektiver für die Behandlung sind. Konservierungsstoffe sollten in den Tränenersatzmitteln jedoch nicht vorkommen, weil sie die Augentrockenheit noch verschlimmern können oder mitunter allergische Reaktionen auslösen.
Fällt die Augentrockenheit stark ausgeprägt aus, stehen weitere spezielle Behandlungsmittel zur Augenbefeuchtung zur Verfügung:
- Augentropfen, die schleimlösende Stoffe enthalten
- Augentropfen, die über Hyaluronsäure verfügen
- Augensalben mit Dexpanthenol, die für die Nacht verabreicht werden
Behandlung starker Augentrockenheit durch Verschließen der Tränenwege
Liegen sehr intensive Beschwerden vor, besteht die Option, einen Verschluss der Tränenwege vornehmen zu lassen. Bei diesem Verfahren werden die Tränenwege (Puncta), über die der Abfluss der Tränenflüssigkeit stattfindet, verschlossen. Zu diesem Zweck findet entweder eine Verödung statt oder es werden spezielle Punctum Plugs eingesetzt. Die Plugs lösen sich entweder nach einigen Wochen von selbst auf oder verbleiben in den Tränenwegen.
Ein Nachteil dieses Verfahrens ist allerdings das Zurückhalten der Tränenflüssigkeit. Dadurch bleiben auch Stoffe, die Entzündungen fördern, länger an dieser Stelle. Außerdem besteht das Risiko von bakteriellen Infektionen, die aus dem Nasenraum in die Augen emporsteigen.
Auf die richtigen Augentropfen achten
Beim Befeuchten der Augen ist es wichtig, die richtigen Augentropfen auszuwählen. So besteht durch enthaltene Konservierungsstoffe das Risiko, dass die Trockenheit der Augen noch weiter zunimmt. Daher werden Produkte empfohlen, in denen sich keine Konservierungsmittel befinden.
Prognose bei einer Keratoconjunctivitis sicca
Findet eine entsprechende Behandlung statt, nimmt die Keratoconjunctivitis sicca in den meisten Fällen einen positiven Verlauf. Die Sehkraft des Auges wird zumeist nicht von Dauer in Mitleidenschaft gezogen. Allerdings sind mitunter auch schwere Verläufe der Benetzungsstörung möglich, wodurch die Hornhaut des Auges negativ beeinträchtigt wird.
Trockenen Augen vorbeugen
Um trockene Augen zu verhindern, ist es ratsam, schädliche äußere Einflüsse, die die Augentrockenheit begünstigen, konsequent zu meiden. So sollte zum Beispiel dem Rauch von Tabakwaren sowie direkten Luftströmen aus Klimaanlagen aus dem Wege gegangen werden. Frische und feuchte Luft wirkt sich dagegen positiv aus. Daher empfiehlt es sich, die Aufenthaltsräume regelmäßig zu lüften. Hilfreich kann außerdem der Einsatz eines Luftbefeuchters sein.
Bei der Arbeit an Computermonitoren gilt es als sinnvoll, immer wieder Pausen einzulegen und zwischendurch mit den Augen zu blinzeln.
Kontaktlinsen sollten nicht zu lange getragen werden. Zur Vorbeugung von trockenen Augen empfiehlt sich vor dem Anlegen der Sehhilfe die regelmäßige Befeuchtung mit einem Tränenersatzmittel.
Weiterhin ist es ratsam, pro Tag mindestens zwei Liter Flüssigkeit zu sich zu nehmen.
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